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Der Winter ist die Jahreszeit der grossen Temperaturunterschiede: Draussen frostig kalt, drinnen lauschig warm. Und dazwischen das ständige Wechseln zwischen dicker Vermummung und leichterer langärmeliger Wohnungskleidung. Langärmelig? Wo wir uns im Sommer bei der gleichen Raumtemperatur erst im T-Shirt richtig wohl fühlen?

Dieses Phänomen beschäftigt wohl auch meine treue Leserin Claudia, die diese interessanten Fragen gestellt hat:

Warum empfinden wir Temperaturen so unterschiedlich? Warum können minus 3 Grad genauso kalt wirken wie minus 15 Grad? Und umgekehrt: Warum schwitzen und stöhnen wir bei 28 Grad im Sommer, aber im Winter finden wir dieselbe Temperatur kuschelig warm?


Wie wir Temperaturen fühlen können

Damit wir die Temperatur unserer Umgebung ertasten können, ist die menschliche Haut von feinen Nervenenden durchzogen, die als Temperatursensoren arbeiten. Davon haben wir Menschen zweierlei: Wärmesensoren für den Eindruck „warm“ und Kältesensoren für den Eindruck „kalt“.

Diese Wärme- und Kältesensoren messen allerdings nicht direkt die Temperatur der Luft oder was uns sonst umgibt. Stattdessen messen sie die Temperatur des sie umgebenden Gewebes! Und die Gewebetemperatur hängt von vielen äusseren Faktoren ab:

  • Wärmeproduktion im Körper: Je mehr wir in Bewegung sind, desto mehr Wärme fällt aus den Muskeln ab und erwärmt das Hautgewebe.
  • Umgebungstemperatur: Liegt die Temperatur ausserhalb des Körpers deutlich unter der Körpertemperatur von 37°C (das ist die Regel), wird die im Körper produzierte Wärme leicht an die Umgebung abgegeben: Das Hautgewebe kühlt ab. Je wärmer die Umgebung ist, desto schwieriger ist die Wärmeabgabe über die Haut: Das Gewebe bleibt warm.
  • Schweissproduktion: Unser grosser Vorteil gegenüber den meisten anderen Säugetieren: In der menschlichen Haut gibt es Schweissdrüsen, aus welchen Flüssigkeit auf die Hautoberfläche gelangen kann. Wenn diese verdunstet, wird dafür Wärme aufgewendet (diese „Verdampfungswärme“ ist analog zur „Schmelzwärme“, welche ihr mit diesem Versuch erforschen könnt): Das Gewebe unter der feuchten Hautoberfläche kühlt ab, während der aufsteigende Wasserdampf die Wärme mit sich nimmt. So läuft der menschliche Körper auch bei Lufttemperaturen nahe oder über der Körpertemperatur nicht heiss. Der Nachteil: Um die ausgeschwitzte Flüssigkeit zu ersetzen, müssen wir sie trinken. Nässe von aussen (z.B. durch Regen oder nach einem Bad) hat übrigens den gleichen Effekt.
  • Wind: Ein Luftstrom transportiert Körperwärme schneller von der Hautoberfläche ab als stehende Luft. So trägt Wind dazu bei, dass wir unsere Umgebung als kühler empfinden – ganz besonders, wenn unsere Haut feucht ist, sodass der Wind zusätzlich die Verdunstung der Feuchtigkeit fördern kann. – Luftfeuchtigkeit: Wasser kann nur dann zügig verdunsten, wenn noch nicht zu viel Wasserdampf in der die feuchte Haut umgebenden Luft ist. Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist kurz gesagt kaum noch Platz in der Luft für weiteren Wasserdampf. Unser Schweiss bleibt also flüssig und der Kühlungseffekt durch das Schwitzen bleibt aus. Der Körper schwitzt daraufhin nur noch mehr, ohne jedoch nennenswert abzukühlen. Deshalb empfinden wir tropisches Klima schon bei mässig warmen Temperaturen als furchtbar heiss, während wir selbst mit Temperaturen oberhalb der Körpertemperatur in einer trockenen Wüste leichter fertig werden (wenn wir genug zu trinken haben!).
  • Kleidung: „Warmblütige“ Tiere haben (in der Regel) ein Fell oder Gefieder, das eine wärmende (oder kühlende) Luftschicht über der Haut einschliessen und festhalten kann. Da wir Menschen weitgehend nackt sind, ersetzen wir das fehlende Fell mit Kleidung. Die hält den Wind und bestenfalls Nässe von der Haut fern und umschliesst stattdessen eine stehende Luftschicht, die geordnet Wärme aus dem Körperinneren aufnehmen und langsam an die Umgebung abgeben kann. Wehe aber, diese Kleidung saugt sich mit Wasser voll: Wenn das verdunstet, wird nämlich reichlich Wärme aus dem Körper abgeführt. Und dem Menschen in nasser Kleidung wird furchtbar kalt. Nützlich ist das nur bei hoher Umgebungstemperatur: Dann erspart uns trocknende Kleidung am Leib nämlich zumindest zeitweilig das Schwitzen.

Feuchtigkeit und Wind sind die beiden wichtigsten Faktoren, die gemeinsam bewirken, dass unsere Haut bei feuchtwindigen -3°C mitunter genauso schnell abkühlt wie bei trockenen -15°C, und wir beide Temperaturen mitunter als gleich empfinden. Diese Unzulänglichkeit unseres Temperaturempfindens stört auch gar nicht weiter. Denn zum (Über-)Leben ist die eine wie die andere Temperatur zu niedrig. Da reicht die Information „Kalt!!!“ völlig aus, um schleunigst ein geschütztes, warmes Plätzchen zu suchen.

Dazu kommen körperliche Unterschiede von Person zu Person


  • Die Wärme- und Kälterezeptoren sind genetisch bedingt von Mensch zu Mensch verschieden zahlreich vorhanden und unterschiedlich auf die Körperoberfläche verteilt.
  • Männer haben meist mehr Körpermasse unter einer relativ kleinen Körperoberfläche, während Frauen eine im Verhältnis zu ihrer Masse grössere Körperoberfläche haben. Und weniger Körperoberfläche bedeutet weniger Gelegenheiten für die Körperwärme, den Körper zu verlassen. So verlieren Männer in der Regel weniger Körperwärme als Frauen in gleicher Umgebung. Mein Partner Reto ist da allerdings eine Ausnahme: Der ist sehr hager und hat merklich schneller kalt als ich.

Und warum empfinden wir die gleiche Temperatur von 28°C im Winter als warm und im Sommer als kühl?

Dieser Umstand wird auf die Funktionsweise der Wärme- und Kältesensoren in unserer Haut zurückgehen. Die funktionieren nämlich zum Einen nur in jeweils einem eng gesteckten Temperaturbereich, und registrieren zum Anderen vor allem Temperaturänderungen

Wie unsere Kalt- und Warmsensoren Temperaturänderungen messen

Dazu senden die Sensoren permanent eine regelmässige Folge elektrischer „Pings“ an das Gehirn, ähnlich dem Sonar eines U-Bootes. Ein gleichförmiges Signal interessiert uns aber wenig, sodass es in der Regel vor dem Eingang ins Bewusstsein ausgefiltert wird. Erst wenn sich die Temperatur des Hautgewebes ändert, steigt die Frequenz der Pings stark und das Bewusstsein wird darauf aufmerksam. Sobald die Temperatur bei einem neuen Wert gleich bleibt, pendelt sich auch die Ping-Frequenz bei einem mässigen, vom Anfang leicht unterschiedlichen Wert ein – und gerät bald wieder in Vergessenheit. Bis zur nächsten Temperaturänderung.

Zwei abgedeckte Temperaturbereiche und ihre Grenzen

Dazu kommt, dass unsere zwei Sorten Temperatursensoren in verschiedenen Bereichen arbeiten:

  • Die Kaltsensoren von 15°C bis 30°C (Wird unsere Haut kälter, fühlt sie sich entsprechend „taub“ an)
  • Die Warmsensoren von 30°C bis 45°C (würde unsere Haut wärmer, verlören die Proteine darin ganz schnell ihre Funktionsfähigkeit: Wir würden gedünstet!).

Dazu kommen Schmerzrezeptoren, die uns davor bewahren, diese Grenzen des mit Leben verträglichen Temperaturbereichs nicht fahrlässig zu überschreiten. Wenn ihr einmal eine heisse Quelle findet, die in ein (an sich kühles) Gewässer mündet, könnt ihr das selbst ausprobieren:

Habt ein (am besten elektronisches) Thermometer bei euch. Betretet barfuss das Gewässer an einer angenehm temperierten Stelle und nähert euch langsam der heissen Quelle. Sobald ihr es nicht mehr im Wasser aushaltet (weil es wehtut!), geht einen Schritt zurück – eben da hin, wo es euch nicht mehr weh tut – und messt die Temperatur.

Ich habe dieses Experiment während unsrer Australienreise machen können: Meine Schmerzgrenze liegt ziemlich genau bei 43°C (also noch innerhalb des Bereichs, den die Warmsensoren abdecken). Das macht Sinn, denn die „offizielle“ Höchsttemperatur, ab welcher unsere Proteine ihre Funktionsfähigkeit verlieren, beträgt 42°C.

Doch auch plötzliche Kälte kann Schmerzreize auslösen. Das ist auch sinnvoll, denn extreme Kälte kann unser Körpergewebe genauso zerstören wie extreme Wärme!

Beispiele für die Arbeit der Warm- und Kalt-Sensoren

Wenn wir im Winter von draussen reinkommen, nimmt der Wärmeverlust über die Haut rasch ab, da die Luft aussen um uns herum schnell einmal 20°C wärmer wird. Die Haut wärmt sich rasch auf und die Kältesensoren melden: Sehr viel weniger kalt! Und sobald die Gewebetemperatur die 30°C überschreitet, beginnen die Wärmesensoren zudem „Warm!“ zu melden.

Wenn wir dagegen im heissen Sommer nach draussen gehen, wird die Wärmeabgabe über die Haut plötzlich schwierig, sodass die Temperatur des Gewebes leicht bei über 30°C ansteigt. Die Wärmesensoren, die zuvor inaktiv waren, melden nun: Warm!. Wenn wir aber wieder in die auf 20°C klimatisierte Wohnung gehen, sinkt die Gewebetemperatur: Die Wärmesensoren melden „weniger warm“. Unterschreitet die Gewebetemperatur dabei die 30°C, beginnen die Kältesensoren zudem, „Kalt!“ zu melden.

Aus der Kälte kommend empfinden die Kältesensoren 28°C (im Gewebe!) also als „Wärmer!“ (= „weniger kalt“), ehe die Wärmesensoren mit einer ersten „Warm!“-Meldung zu arbeiten beginnen.

Indessen beginnen aus der Wärme kommend die Kaltsensoren erst bei knapp unter 30°C mit einer ersten „Kalt!“-Meldung zu arbeiten, nachdem die Wärmesensoren zunächst „weniger warm“ gemeldet haben.

Die Fähigkeit unserer Temperatursensoren, Temperaturänderungen zu messen, erlaubt uns also, die Richtung einer Temperaturänderung (nach oben oder nach unten) zu erkennen, auch wenn uns das Gefühl für die absolute Temperatur damit abgeht.

Kalt haben oder frieren? Wo ist der Unterschied?

Wenn wir Kälte empfinden bzw. „kalt haben“, wie wir hier in der Schweiz sagen, frieren wir nicht automatisch. Das geschieht nämlich erst, wenn die Innentemperatur unseres Körpers unter den Sollwert fällt.

Dazu kommt es entweder, wenn wir zu viel Wärme an die Umgebung verlieren und so eine (beginnende) Unterkühlung erleiden, oder wenn wir Fieber bekommen. Dann nämlich setzt die Körper-Kontrollzentrale den Sollwert für die Temperatur im Körperinneren um wenige Grad Celsius nach oben (die höhere Temperatur bedeutet mehr Energie für Stoffwechselvorgänge zur Infektabwehr und eine unbequemere Umgebung für Krankheitserreger – kurzum: Kriegszustand).

Beim Vergleich des neuen Solls mit dem Ist-Zustand stellen die Gewebe so dasselbe fest wie bei einer Unterkühlung: „Wir sind zu kalt – wir müssen mehr Wärme produzieren und festhalten!“

Viel Wärme können vor allem die Muskeln produzieren, wenn sie sich bewegen. Also fangen die Muskeln wild an zu zucken und zu zittern: Schüttelfrost! Dazu kommt ein generelles Kälteempfinden, das uns unter möglichst warme Decken kriechen lässt – dort geht dem Körper weniger Wärme verloren.

Auch eine „Gänsehaut“ dient(e) übrigens dazu, Wärme im Körper festzuhalten: Sie ist der Versuch, unser (fast) nicht mehr vorhandenes Fell zu sträuben, sodass es eine lauschig warme Luftschicht über der Haut umschliessen kann.

Zusammenfassung

Wir Menschen (und viele andere Tiere) nehmen vornehmlich Änderungen der Temperatur unseres Hautgewebes wahr. Diese Temperatur kann von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden.

Zur Temperaturwahrnehmung kommen zwei Sorten Sensoren für verschiedene Temperaturbereiche zum Einsatz. So kann die Überschreitung der Grenze zwischen den beiden Bereichen je nach Richtung zu unterschiedlichen Signalfolgen führen.

Zusätzliche Schmerzrezeptoren hindern uns daran, den wahrnehmbaren lebensfreundlichen Temperaturbereich leichtfertig zu verlassen.

Kalt haben bedeutet aber nicht automatisch frieren: Wir frieren erst (mit Schüttelfrost und starkem Verlangen nach wärmerer Umgebung), wenn die Körperinnentemperatur unter den Sollwert fällt.

Sind euch diese Eigenheiten unserer Temperaturwahrnehmung auch schon aufgefallen? Bei welchen Umgebungsbedingungen fühlt ihr euch denn am wohlsten?

Blitz und Donner - Wie entstehen eigentlich Gewitter?

Wir alle haben lange unter der Hitze gestöhnt und sehnlichst darauf gewartet, dass endlich ein Gewitter kommt und uns Regen und lang ersehnte Abkühlung bringt. In den letzten Tagen hat es dann über der Schweiz gehörig geblitzt und gerumpelt…denn Gewitter bringen noch mehr als Regen: Blitze und Donner nämlich. Und um die soll es heute gehen.

Wie entstehen eigentlich Gewitter?

Sicher habt ihr schon beobachtet, dass Gewitter sich durch riesige Wolkenberge am Horizont ankündigen. Diese Wolkenberge werden immer schwärzer und bedrohlicher, während sie sich nähern. Irgendwann schliesslich blitzt und kracht es ganz gewaltig, und der Himmel öffnet seine Schleusen für stürmische Windböen und einen mächtigen Regenguss.

Damit Wolken überhaupt entstehen, muss allerdings erst einmal Wasser verdunsten. Das bewerkstelligt die warme Sommersonne, die auf Gewässer und feuchten Erdboden scheint. Das flüssige Wasser wird mit Hilfe der Sonnenenergie gasförmig, sodass die einzelnen Teilchen des Wasserdampfs sich in der Luft verteilen können – die somit feucht wird.

Schwülwarme Luft + Kaltfront = Gewitterwolken

Wenn es dann so richtig düppig bzw. schwül, d.h. feuchtwarm ist und ein Schwall kühlerer Luft (eine „Kaltfront“) auf den feuchtwarmen Teil der Atmosphäre zustrebt, schiebt sich die kalte Luft zunächst über die warme Schicht. Wer allerdings schon einmal Heissluftballon gefahren ist, weiss, dass warme Luft stets nach oben steigt (weil warme Luft eine geringere Dichte hat als kühlere). So steigt die feuchtwarme Luft in die kalte Schicht auf und wird dabei abgekühlt.

Warum wird die aufsteigende Luft kühl?

Das Abkühlen rührt nicht etwa daher, dass sich kühle und wärmere Luft vermischen. Stattdessen ist der Luftdruck dafür verantwortlich: Der nimmt nämlich in grossen Höhen rasch ab (wer schon einmal mit dem Auto ins Gebirge gefahren ist, kennt ein untrügliches Anzeichen dafür: Das Knacken in den Ohren, wenn sich der Luftdruck im Innenohr dem niedrigeren Aussendruck anpasst).

Mit dem sinkenden Druck dehnt sich die Luft aus – und das bedeutet Arbeit. Arbeit wiederum ist ein anderer Ausdruck für aufgewendete Energie. Und die Gesetze der Thermodynamik schreiben vor, dass aufgewendete Energie stets irgendwo her bezogen werden muss – zum Beispiel aus der Wärme der sich ausdehnenden Luft (auch Wärme ist eine Form von Energie). Und wenn die Wärme zum Ausdehnen „verbraucht“ wird, wird es eben kalt.

Vom Schäfchen zur Gewitterwolke

Damit werden aus den anfangs gasförmigen Wasserteilchen winzige, flüssige Wassertröpfchen, die regelrechte Nebelballen bilden: Wolken. Ist nur wenig Luftfeuchtigkeit da, die sich verflüssigen („kondensieren“) kann, entstehen so harmlose Quellwolken – mehr oder weniger grosse „Schäfchen“, die die Wetterforscher „Cumulus-Wolken“ nennen.

Wenn genug Wasserdampf in der Luft ist, können diese Wolken allerdings sehr hoch werden. Der Umstand, dass beim Verflüssigen Energie frei wird (die sogenannte Verdampfungs- bzw. Kondensationswärme – eine Schwester der Schmelzwärme, die ihr in diesem Versuch erforschen könnt), sorgt dafür, dass die Ausdehnung der Luft nicht gleich zur völligen Abkühlung führt. So kann die feuchtwarme Luft sehr hoch steigen – bis die Temperatur der feuchten Luft schliesslich doch auf die Temperatur der Umgebung absinkt. Und die kann gut und gerne deutlich unter 0°C liegen, sodass sich die Wassertröpfchen teilweise zu Eiskristallen verfestigen.

Dann ist ziemlich plötzlich Schluss mit Aufstieg, sodass grosse Wolkentürme (die die Wetterforscher dann „Cumulonimbus“ nennen) mitunter oben platt erscheinen.

Cumulonimbus-Wolke: Daraus wird ein Gewitter

Da braut sich etwas zusammen: Eine mächtige Cumulonimbus-Wolke türmt sich auf – hier ist ein Gewitter im Anzug! (Quelle: Pixabay)

Gewitterwolken sind Windkraftwerke

Das ganze Aufsteigen, Ausdehnen und allenfalls Absinken kälterer Luftmassen hält die Luft- und Wasserteilchen in der Wolke kräftig in Bewegung: In den Gewitterwolken toben wilde Winde (das ist ein Grund, weshalb man mit dem Flugzeug besser nicht da hinein fliegt). Und wo Wind weht, ist eines unvermeidbar: Reibung! Die Teilchen stossen und streifen einander…und wenn diese Begegnungen heftig genug sind, werden sie dabei „abgeschliffen“:

Einzelne Elektronen – jene Elementarteilchen, die eine negative elektrische Ladung tragen – lösen sich von den Eiskristallen und bleiben an den flüssigen Wassertröpfchen haften. Diese Tröpfchen, die nun zu viele Elektronen haben, sind folglich negativ geladen, während die „abgeschliffenen“ Eiskristalle positiv geladen zurück bleiben.

Ladungstrennung dank Dichteunterschied

Die Besonderheit an Wasser ist nun, dass es im festen Zustand „leichter“ (also weniger dicht) ist als kühles flüssiges Wasser (diese „Anomalie“ könnt ihr mit diesem Experiment sichtbar machen: Eis wächst!). Deshalb werden die positiv geladenen Eiskristalle leicht nach oben getrieben, während die Wassertröpfchen eher absinken.

So sammeln sich die verschiedenen Ladungen getrennt voneinander: Positive oben, negative unten. Das kennt man doch woher……genau: Eine Gewitterwolke ist nichts anderes als eine riesenmegagrosse Batterie, die mittels Windkraft aufgeladen wird!

Schema Ladungstrennung in einer Gewitterwolke

Ladungstrennung in einer Gewitterwolke: Durch Reibung werden Eiskristalle positiv und Wassertröpfchen negativ geladen. Die leichteren Eiskristalle sammeln sich oben, während die Wassertröpfchen sich unten in der Wolke sammeln. Von dort aus können die angehäuften negativen Ladungen im Zuge einer Entladung (Blitz) zur Erde hin abfliessen. Fallböen sorgen zudem für die plötzlichen stürmischen Winde, die während eines Gewitters auftreten können. (nach einer Grafik der Helmholtz-Wissensplattform „Erde und Umwelt“, ESKP [CC BY 4.0 ], via Wikimedia Commons)

Strom aus der Himmelsbatterie

Eine Batterie ist an sich eine feine Sache – kann man darin doch elektrische Energie speichern, indem man elektrische Ladungen getrennt aufbewahrt. Stellvertretend für das Ausmass dieser Trennung wird die elektrische Spannung angegeben: Die kleinen Batterien aus eurem Alltag liefern in der Regel eine Spannung von 1,5 bis 9 Volt.

Eine Cumulonimbus-Wolkenbatterie, die einen Kilometer hoch ist, kann dagegen bis auf 170 Millionen (170’000’000) Volt aufgeladen werden!

Alles darüber ist jedoch einfach zuviel: Es gibt unweigerlich einen Kurzschluss. Das bedeutet, die angehäuften negativen Ladungen fliessen in einen weniger negativen Bereich ab. Dieser Bereich kann der obere, positiv geladene Teil der Wolke sein, oder der Erdboden, welcher ebenfalls weniger negativ als der untere Wolkenteil geladen ist.

Für kurze Zeit fliesst also ein elektrischer Strom – und was für einer! Während mein modernes Handy-Ladegerät das Handy mit einer Stromstärke (Anzahl Ladungen, die in gegebener Zeit an einem Messpunkt vorbeikommen) von 1,5 Ampere auflädt, fliessen in einem Blitz kurzzeitig bis zu 100’000 Ampere! Bedenkt man, dass bereits 0,13 Ampere, die direkt durch einen menschlichen Körper fliessen, lebensgefährlich sein können, sollte man so einem Blitz wahrlich nicht zu nahe kommen.

Warum Blitze flackern: Von Leitblitz und Fangblitz zur Hauptentladung

Bevor so ein gewaltiger Strom fliessen kann, muss jedoch eine entsprechend gewaltige Leitung her. So beginnt eine Entladung der Wolkenbatterie damit, dass sich einige der an der Unterseite angehäuften negativen Ladungen einen Weg nach unten in Richtung Erde bahnen. Diesen ersten kleinen Strom nennen die Wetterforscher einen Leitblitz.

Am Erdboden gibt es bewegliche positive Ladungen, die von den herannahenden negativen Ladungen unweigerlich angezogen werden. So steigen sie durch die Luft nach oben auf. Wenn der so entstehende Fangblitz mit dem Leitblitz zusammentrifft, vereinigen sich beide zu einem regelrechten „Kabel“ aus sehr leitfähiger Luft. Durch dieses Kabel kann dann die Hauptentladung mit ihrer ganzen Wucht abfliessen.

Wenn ein Blitz also flackert, dann deshalb, weil wir zunächst Leit- und Fangblitz und erst einen Sekundenbruchteil später die Hauptentladung aufleuchten sehen. Wirklich sichtbar machen lässt sich das Geschehen aber nur mit Zeitlupen-Aufnahmen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera.

Bewegliche positive Ladungen sammeln sich in Bodennähe übrigens besonders in hohen, schmalen Gegenständen wie hohen Gebäuden oder freistehenden Bäumen. So bildet sich an solchen Dingen besonders leicht ein Fangblitz, der einen Leitblitz in der Nähe regelrecht einfangen und die Hauptentladung zu seinem Ursprung leiten kann. Deshalb werden hoch aufragende Dinge besonders leicht vom Blitz getroffen.

Was passiert mit der elektrischen Energie?

Ein Strom von solch gewaltiger Stärke enthält eine gewaltige Menge Energie – die letztlich irgendwo hin muss. Ein Teil dieser Energie wird schon auf dem Weg des Stromflusses umgewandelt. Zahllose geladene Teilchen, die gemeinsam durch ein „Luft-Kabel“ rasen, verursachen nämlich eine Menge Reibung mit den Luftteilchen des Kabels. Folglich wird die Luft für einen Augenblick mächtig warm – so warm, dass sie hell aufleuchtet und sich um den Blitz herum schlagartig ausdehnt.

Da die Ausdehnung schon nach einem winzigen Sekundenbruchteil endet, breitet sie sich gleich einer einzelnen Druckwelle weiter aus – bis sie allenfalls unsere Ohren erreicht und wir (sofern wir dem Gewitter nahe genug sind) einen Knall hören: Den Donner. Wenn wir weiter vom Gewitter entfernt sind, wird diese Druckwelle mehr und mehr von Winden und Hindernissen auf ihrem Weg verzerrt und gedehnt, sodass der Donner mit wachsender Entfernung zum Gewitter immer mehr zu einem längeren Rumpeln und Grollen wird.

 

Wie Gewitter gefährlich werden können – und wie man sich davor schützt

Die Zerstörungskraft von Blitzen

Auch nach der Entstehung von Blitzlicht und Donner erreicht ein Blitz mit ungeheurer Energie den Boden – oder was eben darauf steht. Und genau dadurch müssen all die geladenen Teilchen nun weiter abfliessen. Wenn ein vom Blitz getroffener Gegenstand nun kein guter elektrischer Leiter ist, entsteht dabei wiederum eine Menge Reibung und damit Wärme und allenfalls Licht.

Wie man Gebäude vor Blitzen schützt

Brennbares Material wie Holz kann durch diese Wärme in Flammen aufgehen oder verkohlen auf der Stelle. So kann ein Blitz nicht nur einen Menschen töten, sondern auch einen ganzen Wald- oder Gebäudebrand auslösen. Damit das mit unseren Städten und Türmen nicht passiert, werden heute alle Gebäude mit einem Blitzableiter ausgerüstet. Das ist nichts anderes als ein dicker Draht aus leitfähigem Metall, der vom höchsten Punkt des Gebäudes bis in den Erdboden verläuft.

Die fliessenden Ladungen sind nämlich – wie alles in der Natur – ziemlich bequem: Wenn man ihnen einen besonders leichten Weg (durch den leitfähigen Draht) anbietet, dann nutzen sie diesen auch und geben sich mit dem weniger leitfähigen Material nicht ab. Im Erdboden angekommen haben die Ladungen schliesslich so viel Raum, dass sie sich verteilen können, ohne weiteren Schaden anzurichten.

Gewitter in Paris: Gleich drei Blitze schlage in den Eiffelturm ein

Einer der grössten Blitzableiter der Welt? Der Eiffelturm ragt 1902 (und heute noch) hoch über Paris auf und ist damit ein leichtes Ziel für Blitze. Ganz aus Metall würde er den Strom sehr gut leiten – wenn da die Rostschutzlackierung nicht wäre. Aber zum Glück waren Blitzableiter bereits vor 116 Jahren bekannt und in Verwendung (die wurden nämlich schon um 1750 von Benjamin Franklin erfunden). (Aus: Thunder and Lightning (Blitz und Donner) von Camille Flammarion, veröffentlicht 1906)

Das Auto als Faraday’scher Käfig – kein Mythos!

Auf ähnliche Weise sind übrigens Autos geschützt: Die Aussenhülle von Autos besteht aus leitfähigem Metall – und in die heutigen Autoreifen werden ebenfalls leitfähige Bestandteile eingearbeitet (das Gummi wäre allein nicht leitfähig), sodass die Hülle des Autos leitend mit dem Erdboden verbunden ist. Würde nun ein Blitz in das Auto einschlagen, flösse der Strom aussen herum durch die Hülle und die Reifen ab, während der Innenraum – samt Menschen darin – davon unberührt bliebe! Eine solche geschlossene, leitfähige Hülle, die ihr Inneres vor Stromschlägen schützen kann, nennen die Physiker einen „Faraday’schen Käfig“ (weil tatsächlich schon ein Drahtnetz ausreichen kann, um den Strom vom Inneren fern zu halten).

Auch ein Verkehrsflugzeug stellt einen Faraday’schen Käfig dar. Wenn ein solches in ein Gewitter gerät und von einem Blitz getroffen wird (und das passiert jedem Flugzeug irgendwann in seiner „Lebenszeit“), fliesst der Strom durch die metallene Aussenhülle wieder zurück in die Luft ab. Passagiere, Crew, Turbinen und sogar die empfindliche Elektronik im Inneren bleiben davon in der Regel unbehelligt (abgesehen von dem Schreck, wenn es plötzlich kracht).

Wie ihr euch selbst vor Blitzen schützen könnt

Die einfachste Möglichkeit, euch selbst vor Blitzen zu schützen: Haltet euch bei einem Gewitter in einem Gebäude mit Blitzableiter oder in einem Faraday’schen Käfig auf. Wenn ihr abseits von Gebäuden draussen unterwegs seid und ein Auto in der Nähe ist, steigt ein und schliesst die Türen. Sollte das Gewitter euch sehr nahe kommen, ehe ihr einen sicheren Unterschlupf erreichen könnt, sucht euch einen möglichst tief gelegenen Ort (eine Senke oder dergleichen) und legt euch flach hin. Ihr wollt ja schliesslich nicht als hoch aufragendes Objekt Ausgangspunkt eines Fangblitzes werden.

Meidet aber freistehende Bäume und andere hohe Dinge – wenn die statt euch vom Blitz getroffen werden, könnten sie über euch einstürzen oder in Flammen aufgehen! Wenn es zudem stürmt, braucht es nicht einmal einen Blitz, um einen gefährlich schweren Ast vom Baum stürzen zu lassen.

Wie ihr die Entfernung eines Gewitters bestimmt

Wie nahe euch ein Gewitter ist, könnt ihr übrigens ganz einfach abschätzen. Das Licht von Blitzen breitet sich nämlich sehr viel schneller als der Schall des Donners aus! Tatsächlich ist die Lichtgeschwindigkeit so hoch, dass wir einen Blitz in „hörbarem“ Abstand praktisch sofort sehen. Der Donner braucht dagegen für jede 300 Meter Abstand eine ganze Sekunde, bis er uns erreicht.

Wenn ihr einen Blitz seht, zählt also die Sekunden, bis ihr den Donner hört (wenn ihr keine Uhr mit Sekundenzeiger zur Hand habt, beginnt ruhig ab 21 („einundzwanzig“) zu zählen, und nehmt die Einerstellen als gezählte Sekunden). Dann rechnet die Anzahl verstrichener Sekunden mal 300 und ihr erhaltet euren Abstand zum Gewitter.

Wenn ihr das Ganze mehrmals wiederholt, könnt ihr sogar feststellen, ob sich das Gewitter euch nähert oder sich entfernt: Werden die Abstände zwischen Blitz und Donner kürzer, kommt das Gewitter näher – dann ist draussen besondere Vorsicht angesagt – werden die Abstände länger, dann zieht es von euch weg. Sollten sich die Abstände gar nicht ändern, steht das Gewitter (im Vergleich zu eurer Position) oder bewegt sich allenfalls auf einer Kreisbahn um euch herum.

Was passiert mit den Ladungen im Boden?

Wenn ihr aufmerksam gelesen habt, ist euch vielleicht schon etwas aufgefallen: Wenn negative Ladungen aus dem unteren Teil von Gewitterwolken zum Erdboden abfliessen, müsste dieser sich zunehmend negativ aufladen, während die positiven Ladungen in der Wolke bzw. der Luft verbleiben. Genau das geschieht auch – jedoch sind diese Ansammlungen für eine schnelle Entladung zu weit voneinander entfernt.

Stattdessen gelangen die negativ geladenen Teilchen, sobald das Gewitter vorbei ist, durch zufällige Bewegung langsam, d.h. über Tage in die Luft zurück. Dort können sie, wenn sie auf positiv geladene Teilchen treffen, allmählich wieder entladen werden. Bis sie in die nächste windige Gewitterwolke geraten und eine neue elektrische Reise zur Erde antreten – oder in einem waagerechten Blitz von Wolke zu Wolke entladen werden.

Habt ihr nun Lust, mit elektrischen Ladungen zu experimentieren und eure eigenen Blitze zu machen? Dann schaut einmal hier in der Mitmachkiste vorbei und probiert die wahrhaft elektrisierenden Experimente vom letzten Freitag!