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Experiment: Recycling selbst gemacht - HDPE

In Deutschland wurden in meinen Kindertagen die „gelbe Tonne“ und der „grüne Punkt“ auf Kunststoff-Verpackungen eingeführt. Das Ziel: Plastikabfälle sollen vom Restmüll getrennt gesammelt werden, damit man sie recyceln kann. Hier in der Schweiz ist man leider bis heute nicht so weit – wenn wir von dem flächendeckenden Recycling-Kreislauf für PET*-Getränkeflaschen einmal absehen. HDPE und andere landen hierzlande dagegen in der Müllverbrennungsanlage.

*Eine Übersicht über die gängigsten Kunststoff-Arten und der gebräuchlichen Abkürzungen findet ihr hier!

Aber wie funktioniert Kunststoff-Recycling eigentlich? Wie kann man aus alten Plastik-Gegenständen neue herstellen?

Leicht recycelbar: Thermoplaste

Einige Kunststoffe, darunter die im Alltag am weitesten Verbreiteten, haben eine spannende Eigenschaft, die das Wiederverwenden einfach macht: Wenn man sie erhitzt, werden sie formbar – und kühlen sie ab, werden sie erneut fest! Solche Kunststoffe werden von den Fachleuten „Thermoplaste“ genannt. Und nicht nur das – einzelne Kunststoffteile lassen sich in ihrem formbaren Zustand sogar mit anderen verschmelzen!

Wenn die Temperatur, ab welcher ein Kunststoff formbar („plastisch“) wird, ausreichend weit unterhalb jener Temperatur liegt, bei welcher die Riesen-Kettenmoleküle im Kunststoff zerstört werden, lässt sich diese Eigenschaft für das Recycling nutzen. Nicht mehr benötigte Kunststoff-Gegenstände können erhitzt, neu geformt und zu neuen Gegenständen verschmolzen werden.

Experiment: Recycelt euren eigenen Thermoplast

Das könnt ihr sogar selbst ausprobieren! Sehr gut eignet sich dafür Polyethylen (PE), genauer gesagt HDPE, die Polyethylen-Spielart mit Hoher Dichte. Aus diesem Material bestehen die meisten Flaschen für Shampoo und andere Hygieneprodukte. Das Recycling-Dreieck aus drei Pfeilen mit der Ziffer 2 und dem Kürzel „HDPE“ oder „PE-HD“ verraten euch, dass eine Flasche wirklich aus diesem Material besteht.

Recycling-Symbol für HDPE (via Wikimedia Commons, User : Tomia / CC BY-2.5 )

Ihr könnt also aus leeren Shampoo-Flaschen ganz einfach neue Gegenstände herstellen – zum Beispiel Deko-Anhänger für den Weihnachtsbaum, Osterstrauch oder sonstige Anlässe.

Ihr braucht dazu

  • Leere Flasche(n) aus HDPE (eine Shampoo-Flasche reicht für bis zu vier Anhänger)
  • Ausstechformen für Plätzchen aus Metall (einfache Formen, sonst wird es sehr kniffelig)
  • Alufolie
  • Etwas Pflanzenöl
  • Küchenschere
  • Elektro-Herdplatte (KEIN Induktionsherd! Dunstabzug empfohlen!)
  • Einen Kochtopf
  • Greifzange (vom Grill, Tiegelzange o.Ä.)
Material zum Umschmelzen von HDPE
Die linke, feinstrukturierte Ausstechform habe ich schnell aufgegeben: Die kleinen Nischen lassen sich kaum mit Folie auskleiden, ohne dass diese reisst. Die rechte hat dafür gute Dienste geleistet.

So geht’s

  • Säubert die leere Flasche sorgfältig. Schneidet das obere und unter Ende – am besten über einem Waschbecken – ab. Wenn sich dabei weitere Reste des Inhalts zeigen, reinigt die Teile noch einmal gründlich.
  • Schneidet die Flasche in möglichst feine Schnitzel. Ich habe dazu die Seitenwände in grössere Stücke zerteilt und diese zunächst streifenartig eingeschnitten. Dann habe ich senkrecht zu den Einschnitten schmale „Streifen“ abgetrennt (wie ein Coiffeur beim Haareschneiden). Das Ergebnis: HDPE-Flocken von etwa 2x2mm Grösse.
Schritt für Schritt von der HDPE-Flasche zu kleinen Flocken
Von der leeren Shampoo-Flasche zu kleinen Flocken
  • Kleidet eine Ausstechform mit Alufolie aus. Achtet darauf, dass die Folie die Form innen vollständig und bis zum Boden bedeckt. So kann euer Werkstück die Form des Ausstechers ganz übernehmen. Achtet aber darauf, dass keine Risse oder Löcher entstehen! (Dieser Schritt kann bei zu filigranen Ausstechformen sehr kniffelig werden.)
Ausstechform mit Alufolie von oben und unten
  • Bestreicht die Innenseite dieser selbstgemachten Aluschale mit etwas Öl, so als wolltet ihr darin einen Kuchen backen.
  • Füllt eine dichte Schicht eurer PE-Flocken in die Form. Achtet darauf, dass die Flocken jeden Winkel der Form dicht ausfüllen.
Ausstechform als Aluschale, gefüllt mit HDPE-Flocken
So ist die Form gut gefüllt: Der Boden ist nicht mehr zu sehen, die Flockenschicht ca. 3mm dick.
  • Stellt die Form in den leeren Kochtopf und stellt diesen leer (bis auf die Alu-Form(en)) auf den Herd.
  • Schaltet die Herdplatte für 8 bis 10 Minuten auf niedrige bis mittlere Stufe. Behaltet das Experiment unbedingt im Auge und schaltet wenn möglich den Dunstabzug ein! Sollte sich Geruch nach schmorendem Plastik oder gar Rauch zeigen, nehmt den Topf sofort vom Herd!
  • Nach gegebener Zeit, bzw. wenn die Flocken aneinanderbacken, nehmt den Topf vom Herd und lasst die Formen abkühlen. Vorsicht, heiss: Wenn ihr sie dazu aus dem Topf nehmen wollt, benutzt dazu die Zange!
  • Nehmt das abgekühle Werkstück samit Aluminium aus der Form. Die Folie sollte sich ganz leicht abschälen lassen. Dann könnt ihr mit Wasser und Seife das Öl abwaschen.
Fertige HDPE-Blume noch in der Alu-Form
Oops! Die braune Färbung zeigt: Das ist wohl etwas zu heiss geworden. Ausserdem ist bei diesem ersten Versuch Rauch entstanden und Reto hat sich über den Geruch nach schmorendem Plastik beschwert. Die Notkühlung mit Wasser hat dieses Stück aber noch retten können.

Notfall-Tipp: Wenn das Experiment zu stinken oder gar zu rauchen beginnt, droht der Kunststoff zu verschmoren. Um das Schlimmste zu verhindern, könnt ihr die Temperatur der Werkstücke sehr schnell senken, indem ihr kaltes Wasser einige Millimeter hoch in den Topf laufen lasst. Zischen und Dampfen ist dabei ein Zeichen für Energieverbrauch – und damit für die sinkende Temperatur.

Rückseite der gebräunten HDPE-Blume mit Alu-Resten
Die Rückseite des überhitzten Stücks, nachdem ich die Aluminiumfolie (ohne Öl!) mühsam mit einem Küchenmesser abgekratzt habe: Trotz Überhitzung hält der Kunststoff so fest zusammen, dass diese Blume nicht einmal bei der Kratzerei kaputt ging!

Was ihr beobachten könnt

Beim Erhitzen werden die Kunststofffocken dicker, beginnen zu glänzen und ihre Kanten werden weicher. Sie sehen aus wie Käse, der im Begriff ist zu schmelzen. Die dicht übereinander geschichteten Flocken verschmelzen dabei sogar miteinander. Wenn ihr die Flocken nun mit der Greifzange antippt, könnt ihr feststellen: Sie sind weich und nachgiebig – ganz wie schmelzender Käse.

Nachdem das Werkstück abgekühlt ist, ist der Kunststoff so hart wie zuvor, aber: Die Flocken haben sich zu einem einzigen Werkstück verbunden. Und zwar so fest, dass dieses sich problemlos mit einer Bürste reinigen lässt!

HDPE-Blume ohne Bräunung
Es geht auch ohne Bräunung! An der geölten Alufolie beim zweiten Versuch hat nichts mehr geklebt – nur ein paar Flocken mehr hätten es sein dürfen – für einen saubereren Rand.

Wenn euch das Ganze jetzt bekannt vorkommt: Genau, Bügelperlen funktionieren auf die gleiche Weise!  Die bestehen in der Regel auch aus Polyethylen, wenn auch aus LDPE.


Was passiert da?

Wie sind Thermoplaste aufgebaut?

Was wir im Alltag allgemein „Kunststoff“ oder „Plastik“ nennen, sind in aller Regel Stoffe, die aus langen Molekülketten aus sich wiederholenden Gliedern bestehen. Die Chemiker nennen diese Stoffe deshalb „Polymere“. Die Moleküle von thermoplastischen Kunststoffen sind tatsächlich ganz einfache Ketten oder „Fäden“ ohne Verzweigungen, die mehr oder weniger wirr miteinander verknäuelt sind.

Ausschnitt aus einer Polyethylen-Kette als Kalottenmodell: Dieser Molekül-„Faden“ besteht aus Kohlenstoff- (schwarz) und Wasserstoff- (weiss) Atomen.

Amorphe Thermoplaste

Ähnlich wie ein Haufen verworrene Wolle bildet dieses Gewirr einen einzigen Körper, den wir sehen und anfassen können. Denn so wie die rauhen Oberflächen der Wollfäden diese aneinander haften lassen, wirken auch zwischen den Molekülfäden schwache Kräfte, die für Haftung aneinander sorgen.

Wie ein Haufen wirrer Wolle sind auch solche Kunststoffe selbst bei Raumtemperatur sehr biegsam. Dazu gehört zum Beispiel Polyethylen „geringer Dichte“ (Low Density – oder LDPE). Die Chemiker nennen solche Kunststoffe auch „amorph“ – eben „ohne geordneten Aufbau“.

Teilkristalline Thermoplaste wie HDPE

Das HDPE, Polyethylen „hoher Dichte“ ist dagegen hart und nur wenig flexibel. Das rührt daher, dass in dieser Variante des Kunststoff ein Teil der Ketten oder „Fäden“ sorgfältig parallel zueinander aufgereiht sind. Als enthielte der Haufen verworrener Wolle zwischendurch Abschnitte, die sorgfältig zu kleinen Knäueln aufgewickelt sind. Und ein streng gewickeltes Wollknäuel ist bekannt ziemlich fest.

Beim realen Wollknäuel ist die straffe Wicklung dafür verantwortlich. In einem Polymerknäuel können sich zwischen ordentlich parallel laufenden Ketten wesentlich stärkere zwischenmolekulare Kräfte ausbilden, die die Ketten fester beieinander halten.

Weil ein so geordneter Aufbau Chemiker leicht an Kristalle erinnert, nennen die solche Kunststoffe „kristallin“ bzw., wenn durch Teile des Gewirrs geordnet sind, „teilkristallin“.

Was beim Erhitzen passiert

Je wärmer ein Stoff ist, desto mehr Bewegungsdrang haben seine Moleküle. Im festen Kunststoff schwingen die Atome der Ketten hin und her. Mit steigender Temperatur führen sie einen immer wilderen Tanz auf. Irgendwann wird dieses Treiben so toll, dass die zwischenmolekularen Kräfte das Gezappel nicht mehr aufwiegen können. Die Moleküle lösen sich voneinander – und können nun aneinander vorbei gleiten.

Wären die rauhen Wollfäden mit einem Mal völlig glatt und geölt, könnte man den wirren Haufen auch ganz einfach entwirren oder umformen.

Das Gleiche wird nun mit dem Kunststoff möglich: Die voneinander gelösten Ketten lassen sich durcheinander schieben – und Kettenenden aus verschiedenen Haufen können sich sogar miteinander mischen! Der wärmebedingte wilde Tanz der Atome sorgt für die dazu nötige spontane Bewegung. So kann aus zwei wirren Molekülhaufen (oder Kunststoff-Flocken) schliesslich ein einziges Gewirr werden, ohne dass wir sie verrühren oder drücken müssten.

Nach dem Abkühlen ist der Spuk vorbei – vorerst

Sobald die Temperatur wieder sinkt, werden die Atome wieder ruhiger und die zwischenmolekularen Kräfte – jetzt mitunter zwischen neuen Nachbarn – gewinnen wieder die Oberhand. Der Kunststoff wird erneut hart.

Das Geniale daran: Das Spiel lässt sich praktisch beliebig oft wiederholen – so lange man den Kunststoff nicht zu heiss werden lässt und die Kettenmoleküle selbst zerstört werden.

Warum ich kein Wasserbad verwende, um das zu verhindern

Da viele organische Verbindungen kaputt gehen, wenn sie zu heiss werden, erhitzen Chemiker ihre Stoffe gerne in einem Wasserbad (oder einem aus Silikonöl, wenn die Temperatur noch etwas höher sein soll). So können sie sicherstellen, dass der Versuch nicht heisser als 100°C wird (denn da verdampft das Wasser, bevor es heisser wird).

HDPE wird allerdings erst ab 135°C richtig weich, sodass ein Wasserbad bei Atmosphärendruck einfach nicht heiss genug werden kann, um die PE-Flocken miteinander zu verschmelzen. Speiseöl kann dagegen so heiss werden (das nutzen wir ja beim Braten). Aber viele Pflanzenöle rauchen in diesem Bereich schon beträchtlich, was die Sicht auf den eigentlichen Versuch trüben und nachher zu viel Reinigungsarbeit führen kann.

Deshalb habe ich nur ein wenig Öl zum Einfetten der Form verwendet, da sonst der wieder erkaltete Kunststoff an der Aluminiumfolie kleben bleibt (und das Abkratzen ist überaus mühsam).


Entsorgung

Der Kunststoff als solcher verändert sich durch das Erhitzen nicht. Er kann also ganz normal in den Hausmüll entsorgt werden. Aber viel schöner ist doch, eure Versuchsergebnisse als Deko zu verwenden, oder?

Unverbrauchte Reste der Shampoo-Flaschen könnt ihr auch in die gelbe Tonne/den gelben Sack (Deutschland, Österreich) geben. Aluminium gehört in Deutschland ebenfalls in die gelbe Tonne. In der Schweiz gibt es dafür eigene Sammelbehälter an den Entsorgungsstellen.

Die Ausstechformen könnt ihr nach dem Experiment getrost weiter zum Backen verwenden.

Fazit

Leere PE-Flaschen lassen sich mit einfacher Küchenausrüstung leicht zu neuen Gegenständen umarbeiten. Durch das Zerschneiden des kalten Kunststoffs in kleine Flocken könnt ihr die neue Form dabei sehr frei vorherbestimmen (Recyclingprofis machen das übrigens auch so und zerkleinern die Kunststoffabfälle, bevor sie sie erhitzen und neu verarbeiten).

Die Bewegung der Kunststoff-Moleküle (bzw. ihrer Atome) bei hohen Temperaturen hebelt zwischenmolekulare Anziehungskräfte aus, sodass die Moleküle bei genügend hoher Temperatur (bei HDPE rund 135°C) gegeneinander beweglich werden und ihr sie in neue Form(en) bringen könnt.

Beim Ausprobieren wünsche ich euch viel Spass und freue mich über Berichte von euren Ergebnissen in den Kommentaren. Was habt ihr bei eurem Recycling-Experiment hergestellt?

Mehr zum Thema Kunststoffe in Keinsteins Kiste

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Experiment: Gips für alle Sinne

In der Alltagskiste hat kürzlich eine Leserin die Frage gestellt, warum Gips sich nur einmal verwenden lässt. Die Antwort: Gips härtet aus, indem die winzigen Kristalle im Gipspulver Wasser aufnehmen und – weil sich ihr innerer Aufbau dabei ändert – zu einem dichten Gestrüpp verwachsen. Und wenn einmal Wasser drin ist, kann nicht noch mehr davon eingebaut werden.

Darüber zu lesen ist eine Sache, diese Chemie mit allen Sinnen zu erleben – und vielleicht sogar selbst Gips zu recyceln – ist eine ganz andere. Deshalb habe ich mich in den Baumarkt aufgemacht und Gips gesucht, um das Ganze auszutesten. Was dabei herauskommt und wie ihr die spannenden Eigenschaften dieses Werkstoffs selbst erforschen könnt, verrate ich euch hier.

Das richtige Ausgangsmaterial

Gipspulver besteht aus Calciumsulfat mit ein wenig Kristallwasser (CaSO4*1/2 H2O), d.h. aus gebranntem Gips. Das Aushärten und anschliessende Recycling funktioniert nur mit diesem Stoff, weshalb ihr unbedingt darauf achten solltet, dass euer Gipspulver wirklich aus gebranntem Gips besteht. In der Bastelabteilung meines Schweizer Baumarkts im Dorf habe ich nämlich verschiedene Kunststoff-Zubereitungen mit ähnlichen Eigenschaften gefunden – aber keinen Gips.

In der Männer-Domäne hatte ich dann mehr Glück: Dort gibt es die klassische Fugen-Spachtelmasse „auf Naturgips-Basis“ der auch in Deutschland bekannten Firma Molto (und nein, das ist keine Schleichwerbung – Moltofill-Pulver kam dem blossen Calciumsulfat am nächsten, ist in handlich kleinen Mengen erhältlich und erst noch günstiger als die Produkte in der Bastel-Abteilung), für das ich mich aus genannten Gründen entschieden habe.

Was ihr sonst noch braucht

  • Drei Einweg-Behälter zum Ansetzen der Gipsmischung: Zwei davon werdet ihr nach dem Experiment nicht mehr reinigen können, mindestens einen müsst ihr schlimmstenfalls zerstören. Ich habe deshalb saubere Joghurt-Becher verwendet
  • Einen Holzstab oder ähnliches zum Umrühren
  • Wasser aus der Leitung
  • Zeitungspapier oder eine ähnliche Unterlage, um euren Arbeitsplatz zu schonen
  • Einen Hammer und ggfs. Mörser und Stössel
  • Schutzbrillen
  • Eine Alu-Schale oder ein ähnlich ofenfestes Behältnis, das nicht (mehr) zum Kochen Verwendung findet
  • Einen Backofen, bestenfalls mit Umluft-Beheizung

Gips ansetzen

Die Anleitung auf der Packung ist einfach: Gebt einen Teil Wasser in einen Joghurt-Becher und zwei Teile Gips-Pulver dazu. Rührt das Ganze um, bis sich eine gleichmässig matschige Pampe bildet (der Hersteller hat mit Zusätzen dafür gesorgt, dass die Masse beim Umrühren nicht sofort aushärtet). Wartet nun mindestens eine Stunde und beobachtet die Gipsmasse.

Wenn ihr währenddessen den Becher mit der Gipsmasse in die Hand nehmt und vorsichtig drückt, könnt ihr feststellen: Die Masse wird hart und dabei deutlich warm (keine Angst: nicht heiss): Beim Einbau des Wassers in die Gips-Kristalle wird nämlich Energie in Form von Wärme frei!

Da die Natur bequem ist und alle Dinge einen möglichst energiearmen Zustand bevorzugen, laufen Vorgänge, bei welchen Energie frei wird, von selbst ab – so auch das Aushärten von Gips.

Lasst den Gips nun einige Stunden abkühlen und weiter aushärten. Holt den festen Gipsblock dann (z.B. am nächsten Tag) aus dem Behälter (vielleicht müsst ihr den Joghurtbecher dazu zerschneiden: Der Gips wird beim Aushärten auch ein wenig grösser, sodass er ziemlich fest im Becher sitzen kann). Lagert ihn ein paar Tage an einem warmen, trockenen Ort an der Luft, bis er wirklich hart und nicht mehr feucht ist.

Vorbereitung zum Recycling

Stellt die Alu-Schale auf einen harten Boden (ich habe den nackten Boden meines Balkons gewählt, der durch Hammerschläge keinen Schaden nimmt) und legt euren Gipsblock hinein. Zieht nun unbedingt eine Schutzbrille an! Dann zerkleinert ihr den Block, indem ihr mit dem Hammer darauf schlagt.

Gips zertrümmert in Aluschale

Ihr werdet feststellen: Die feste Gipsmasse ist wirklich sehr hart! Die Sache erfordert daher Geduld und Ausdauer, aber schlagt den Gips sorgfältig in kleine Stücke. Geht dabei behutsam vor, damit nicht alles herumspritzt und die Nachbarn vom Lärm nicht wahnsinnig werden. Anschliessend könnt ihr den Gipsgries in einem Mörser zu Pulver zerreiben.

Gipsgries und Mörser mit Stössel

Es ist atemberaubend (im wahrsten Sinne des Wortes!), wie aus dem ursprünglichen Gipspulver ein derart hartes, steinähnliches Material geworden ist – und das nur durch etwas Wasser!

Für alle Skeptiker: Die Gegenprobe

Nehmt einen kleinen Teil des Pulvers, das ihr aus dem gehärteten Gips hergestellt habt und vermengt ihn in einem neuen Joghurtbecher mit etwas Wasser, bis wieder eine weiche Pampe entsteht – und lasst sie eine Weile stehen. Dieses Mal wird der Gips nicht aushärten.

Gips brennen

Verteilt das übrige Pulver in der Aluschale und platziert diese im Backofen. Stellt die Temperatur auf 150°C und wählt, wenn vorhanden, einen Betriebsmodus mit Umluft (Heissluft). Ich habe den Pizza-Modus verwendet, in welchem neben dem Umluftgebläse auch Unterhitze zum Einsatz kommt. Die bewegte Luft im Umluft-Modus trägt das verdampfende Wasser zügig vom Gipspulver fort, sodass der Gips zügig „trocknen“ kann.

Nachdem bei der Aufnahme des Wassers in den Gips Wärme frei geworden ist, verlassen die Wasserteilchen die Kristalle nicht mehr so ohne Weiteres. Ihr müsst Energie aufwenden, um  – dem Lauf der Natur entgegengesetzt – aus dem „bequemen“, energiearmen Gips mit viel Wasser einen energiereicheren Gips mit wenig Kristall-Wasser zu machen. Der Ofen liefert diese Energie in Form von Wärme.

Schaltet den Ofen nach mindestens 90 Minuten ab und lasst das Pulver an einem trockenen Ort abkühlen.

Der grosse Augenblick: Den selbstgebrannten Gips neu ansetzen

Gebt euer Pulver wie anfangs beschrieben in den dritten Joghurt-Becher. Auch hier gilt: Auf einen Teil Wasser kommen zwei Teile Gips. Beobachtet die so entstehende Masse. Härtet sie aus? Wird sie genauso warm wie die originale Spachtelmasse?

Gips ansetzen im Joghurtbecher

Ich habe meinen Becher in der Hand gehalten, während ich mein selbstgebranntes Gipspulver mit kaltem Wasser vermischt habe. Das Gemisch ist sofort warm geworden! Das heisst: Der Gips hat Wasser aufgenommen! Wie erwartet ist er in der folgenden Stunde hart geworden – nicht so steinhart wie das originale Moltofill,  aber eindeutig fest. In den nächsten Tagen muss meine Probe noch vollständig durchtrocknen. Sobald das geschehen ist, gibt es hier noch ein Update zur endgültigen Härte der recycelten Gipsmasse.

In jedem Fall könnt ihr damit beweisen: Gips kann wirklich mehr als einmal härten – wenn man sich die Mühe macht und ihm die dazu nötige Energie wiedergibt!

Und wie funktioniert das Recyceln von Gips bei euch?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!