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Wirken Antistatik-Sprays gegen Staub?

Schon wieder Staub wischen – wer kennt das Problem nicht? Wohl kaum einer. Deshalb haben zahlreiche Hersteller von Reinigungs- und Pflegemitteln Antistatik-Sprays im Angebot. Diese Mittel sollen – einfach aufgesprüht – dafür sorgen, dass sich weniger Staub auf den Oberflächen in unserem Zuhause absetzt. So müssten wir dann weniger Staub wischen.

Aber was taugen solche Sprays wirklich? Wie funktionieren sie? Und kann man sie auch selber herstellen?

Wie kommt der Staub ins Haus?

Staub im Haus ist etwas ganz normales und überdies unvermeidlich. Grossteils besteht er aus winzigen Hautschuppen von uns und, wenn vorhanden, unseren Haustieren. So lange wir leben, erneuert sich unsere Haut ständig, sodass wir laufend solche Schuppen verlieren.

Dazu kommen Klein- und Kleinstlebewesen, deren Überreste und Ausscheidungen. Auch die sind ganz normal: Selbst der sauberste Haushalt kommt nicht ohne Hausstaubmilben, Einzeller, Spinnen (und Spinnweben) sowie viele andere kleine Mitbewohner aus. Dazu kommen Fasern, Fussel und anderer Abrieb von Textilien und Gegenständen, die wir tagtäglich daheim benutzen.

Auch von draussen tragen wir regelmässig Staub ins Haus: Abrieb von Strassen und Reifen, Pflanzenteilchen und wiederum Kleinstlebewesen. Beim Lüften kommen mit der ausgetauschten Luft Pollen und mehr (Saharastaub, Vulkanausbrüche…) oder weniger (Feinstaub durch Verkehr) natürlicher Staub aus der Luft hinzu.

Insgesamt bilden sich täglich rund 6 Milligramm Hausstaub pro Quadratmeter – oder 130 Gramm pro Person und Jahr! Dass wir regelmässig Staub wischen müssen lässt sich also nicht vermeiden. Es sei denn, es wäre uns gleich, wenn irgendwann alles zustaubt.

Das jedoch kann fatale Folgen haben. Wenn der Staub Lüftungsschlitze elektronischer Geräte verstopft, kann das zur Überhitzung und im schlimmsten Fall zu einem Brand führen. Und als wollten sie uns verhöhnen, ziehen gerade elektronische Geräte den Staub wie magisch an.

Staubige Tasten: Helfen Antistatik-Sprays hier?
Auch Tastaturen ziehen Staub wie magisch an.

Warum ziehen Elektrogeräte besonders viel Staub an?

Staubpartikel gelangen von ihrem Entstehungsort zunächst in die Luft und werden in Strömungen und Wirbeln durch den Raum transportiert. Irgendwann folgen sie trotz ihres verschwindend kleinen Gewichts der Schwerkraft – oder anderen Kräften – und setzen sich auf Oberflächen ab.

Welche anderen Kräfte?

Staubpartikel bestehen aus Molekülen. Wenn solche Partikel von grösseren Gegenständen abgerieben werden, werden nicht nur ganze Moleküle voneinander getrennt. Auch die Moleküle selbst werden abgerieben: Sie büssen dabei Elektronen aus ihrer Hülle ein oder bekommen zusätzliche Elektronen, die von anderen Molekülen abgerieben wurden, aufgedrängt. Kurzum: Diese Moleküle, und damit auch die Staubpartikel, zu denen sie gehören, werden elektrisch geladen.

Und das werden elektronische Geräte auch. Das liegt in der Natur ihrer Funktionsweise: Sie arbeiten mit elektrischem Strom. Das heisst, in ihnen werden Ladungen hin und her geschickt und hier und da gesammelt. Und die Funktionsweise mancher Geräte, zum Beispiel Laserdrucker, beruht sogar darauf, dass bestimmte Bauteile ganz gezielt elektrostatisch aufgeladen werden.

Nur halten sich elektrische Ladungen kaum an Spielregeln oder Grenzen. Stattdessen drängen sie in jeden Stoff in ihrer Umgebung, in welchem sie sich halbwegs bewegen können. So bleibt es nicht aus, dass einige Ladungen in der Aussenverkleidung der Geräte landen. Und wenn in deren Nähe Staub in der Luft vorbeikommt, der zufällig entgegengesetzt geladen ist, ziehen sich die unterschiedlichen Ladungen gegenseitig an. Da die Ladungen in der Geräteoberfläche nicht hinaus können, gibt der fast gewichtslose Staub der Anziehung nach und landet auf dem Gerät.

Was kann man dagegen tun?

Um die vermehrte Anziehung von Staub zu verhindern, müssen die elektrischen Ladungen von der Geräteoberfläche fortgeschafft werden. Das Problem dabei: Die übliche Aussenverkleidung von Elektrogeräten besteht aus nichtleitendem Kunststoff (Verweis PBA). Das heisst, Ladungen, die dort einmal hineingeraten sind, finden kaum bis gar nicht wieder hinaus.

Ein extremes Beispiel ist Polystyrol („Styropor“). Nicht umsonst verwende ich dieses Material beim Erzeugen von Miniatur-Blitzen im DIY-Experiment: Es lässt sich durch Reibung stark elektrostatisch aufladen und gibt die Ladung erst ab, wenn ein elektrischer Leiter (wie die Aluschale im Experiment) in seine unmittelbare Nähe gelangt.

Findige Chemiker und Techniker haben jedoch zwei Wege ersonnen, um den Ladungen das Entkommen aus solchen Materialien zu erleichtern. Beide beruhen darauf, dass die Leitfähigkeit der jeweiligen Oberfläche erhöht wird – indem eigens für den Abfluss von elektrischen Ladungen Wege geschaffen werden.

1. Leiter in die Oberfläche einbauen oder darauf aufbringen

Am naheliegendsten ist vielleicht, eine Metallschicht auf die Kunststoffoberfläche aufzubringen. Metalle sind sehr gute elektrische Leiter und sorgen für einen regen Ladungsverkehr. Andererseits sind sie oft anfällig für Korrosion – und jene, die das nicht sind, sind meist teuer. Ausserdem verändern sie das Aussehen der Kunststoffoberfläche.

Deshalb gibt es viele weitere sogenannte leitende Antistatika, die direkt in das Material hineingemischt werden. Das können Metallpulver sein, die mit Lacken vermengt werden, oder Metallfäden bzw. Leitfähigkeitsruss, die mit einem Kunststoff gemischt werden. Diese Stoffe, insbesondere Russ, sind jedoch tief schwarz und dementsprechend an der Oberfläche sichtbar. Freunde unverändert farbiger Oberflächen haben daher eigens leitfähige Polymere wie PEDOT ersonnen.

Ein leitfähiger Kunststoff ohne Farbe

PEDOT steht für „Polyethylendioxythiophen“ und sieht so aus:

Ausschnitt aus einem PEDOT-Polymer: Die abwechselnden C-C-Doppel- und Einfachbindungen, entlang welcher dieses Polymer leitfähig ist, sind orange markiert.

Wie alle Polymere besteht auch dieser Stoff aus langen Kettenmolekülen, die aus sich immer wiederholenden „Gliedern“ zusammengesetzt sind. Die PEDOT-Moleküle haben dabei eine Besonderheit: Entlang ihrer Ketten wechseln sich C-C-Einfach- und C-C-Doppelbindungen stets ab. Tatsächlich ragt die zweite Bindung (die sogenannte „Pi-Bindung“) einer Doppelbindung, die wie eine Hülle um die erste liegt, an beiden Enden über die eigentliche Bindung hinaus, sodass es zu einer Überlappung mit dem Ende der Doppelbindung am Nachbaratom kommt.

So können die Elektronen der äusseren Bindung sich in die nächste äussere Bindung bewegen und umgekehrt. Entlang sich abwechselnder Einzel- und Doppelbindungen kann also ein Strom fliessen: Die Molekülkette ist also nichts anderes als ein winziges Stromkabel!

Wenn man diese Polymerketten mit anderen mischt, erhält man leitfähige Kunststoffe – zum Beispiel Lack, den man auf eine Oberfläche auftragen kann. Wirklich raffiniert wird PEDOT aber erst dadurch, dass es in einer dünnen Lackschicht farblos erscheint. Die meisten Moleküle, die miteinander vernetzte Pi-Bindungen enthalten, sind nämlich farbig (auch Lebensmittelfarbstoffe, wie sie zum Färben von Ostereiern verwendet werden, zeichnen sich durch derartige Netzwerke aus). PEDOT wirkt dagegen erst in dickeren Schichten bläulich. So kann man damit Oberflächen leitfähig machen, ohne dass sich ihre Farbe ändert.

2. Nichtleitende Antistatika ein- bzw. aufbringen

Ob nun Metall, Russ oder leitfähige Kunststoffe – die Verarbeitung dieser leitenden Antistatika ist immer mit Aufwand und Mehrkosten verbunden. Deshalb verwendet man sie vornehmlich da, wo es nicht anders geht: Zum Schutz von speziellen elektronischen Bauteilen, denen aufgestaute Ladung bzw. zu schnell abfliessende Ströme gefährlich werden können.

Im Alltag verwenden wir, wenn wir es für nötig erachten, stattdessen sogenannte nichtleitende Antistatika. Die bestehen aus einfachen, kleineren Molekülen, die leicht zu handhaben und an ihren Einsatzort zu bringen sind. Aber halt:

Wie können Nichtleiter Strom leiten?

Würden Nichtleiter Ladungen, also elektrischen Strom leiten können, wären sie schliesslich keine Nichtleiter. Deswegen brauchen die Nichtleiter im Antistatik-Einsatz Hilfe von einem leitfähigen Stoff: Wasser. Eigentlich ist reines Wasser nur wenig leitfähig, aber es bietet darin gelösten Ionen immerhin die Möglichkeit, sich frei zu bewegen. Und Ionen sind nun einmal geladene Teilchen. Wasser mit darin gelösten Ionen eignet sich daher prima, um unerwünschte Ladungen abzutransportieren.

Nur kann man mit Wasser nicht einfach Kunststoffe lackieren – zumal die meisten Kunststoffe Wasser nicht mögen – sie sind „hydrophob“ (das ist altgriechisch für „wasserscheu“) – und daher die meisten Wechselwirkungen mit dem kühlen Nass verweigern. So auch den Austausch elektrischer Ladungen.

Hilfreich: Die Superkräfte von Tensiden

Wenn ihr euch schon mit der Superwaschkraft von Seifen beschäftigt habt, kennt ihr dieses Problem wahrscheinlich schon: Wasserscheue (und damit gleichzeitig fettliebende) Stoffe verweigern die Zusammenarbeit mit Wasser. Abhilfe durch Molekül-Diplomatie schaffen da Tenside, die besonderen Moleküle, aus denen Seife besteht.

Besonders sind Tensid-Moleküle deshalb, weil sie – ähnlich wie Streichhölzer – aus zwei ganz unterschiedlichen Teilen bestehen: Einem wasserliebenden „Kopf“ und einem fettliebenden „Schwanz“. Da fettliebende Moleküle nur mit anderen Fettliebenden und wasserliebende Moleküle nur mit anderen Wasserliebenden verkehren wollen, sind solche „Zwitter“ die perfekten Vermittler.

Streichholzmodell: Tenside an der Wasseroberfläche
Auch Luft besteht grösstenteils aus wasserscheuen Stoffen. Deshalb richten Tenside an der Wasseroberfläche ihre „Schwänze“ zur Luft hin aus.

Geraten Tenside nämlich zwischen Wasser und einen fettliebenden Stoff, so richten sie ihre Köpfe zum Wasser aus und ihre Schwänze zum fettliebenden Material. Köpfchen in das Wasser, Schwänzchen in die Höh‘! So können Tenside mit beiden Stoffsorten wechselwirken – und das auch noch gleichzeitig. Über so geschaffene „Brücken“ können auch elektrische Ladungen den Weg vom unwegsamen Kunststoff ins bewegliche Wasser finden.

Antistatik-Sprays enthalten Tenside

Um eine Oberfläche leitfähig und damit passierbar für elektrische Ladungen zu machen, kann man also einfach Tenside mit Wasser aufsprühen (oder sie als Zusatzstoff in den Kunststoff einarbeiten). Deren wasserscheue Schwänze haften daraufhin an der Oberfläche, während die wasserliebenden Köpfe für den gewünschten Ladungsaustausch mit dem Wasserfilm darüber sorgen.

Die Wirkung von Antistatik-Sprays hat Grenzen

Der Wirksamkeit von antistatischen Tensiden zum Aufsprühen sind damit allerdings zwei einfache, aber kaum überwindbare physikalische Grenzen gesetzt:

  1. Die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen, die zum Haften der Tenside an der Oberfläche führen, sind im Vergleich zu chemischen Bindungen ziemlich schwach. So genügt schon ein wenig Reibung, um die aufgesprühte Schicht wieder zu entfernen. Selbst Luftreibung führt dazu, dass die aufgesprühte Schicht mit der Zeit wieder abgetragen wird.
  2. Die Antistatik-Schicht funktioniert nur so lange, wie sie genügend Wasser enthält. Dass ein Grossteil des mit Antistatik-Spray aufgesprühten Wassers verdunstet, ist so gewollt. Wenn aber die Raumluft zu trocken ist, verdunstet bald zu viel Wasser, sodass die allein gelassenen Tenside ihre Wirkung nicht mehr entfalten können.

Und dann ist da noch die Schwerkraft: Staubteilchen, die von oben herabsinken, werden von Antistatika keineswegs abgelenkt, sondern fallen letztlich da hin, wo ihr Weg nach unten eben endet.

So können Antistatik-Sprays nur vorübergehend und unter den richtigen Bedingungen Wirkung zeigen. Nützliche Helferlein, um im Zimmer die Luftfeuchtigkeit hoch zu halten, sind Pflanzen, Zimmerbrunnen oder im Winter Wasserschalen auf der Heizung. Für solche sind Antistatik-Sprays kein Ersatz, sondern allenfalls eine Ergänzung.

Antistatik-Sprays zum Selbermachen: Was taugen die?

Wenn schon die Wirkung so eingeschränkt ist, lohnt sich dann womöglich teures Antistatik-Spray mit all seinen Inhaltstoffen aus der chemischen Industrie? Oder kann man das auch selber machen?

Viele Seiten, die sich mit nachhaltiger Lebensweise und DIY-Reinigungsmitteln beschäftigen, meinen: Ja. Und geben mehr oder minder unterschiedliche Rezepte an. Insgesamt finden sich neben Wasser vier Bestandteile immer wieder. Doch wie sinnvoll sind die?

Flüssigseife

Enthält Tenside für die Superwaschkraft. Da diese Moleküle ebenso den Austausch von Ladungen zwischen nichtleitenden Oberflächen und Wasser bzw. feuchter Luft ermöglichen sollen, macht diese Zutat noch am meisten Sinn. Inwieweit die als Seife gedachten Tenside solchen, die speziell für den Ladungsaustausch designt sein mögen, gleich kommen, bleibt allerdings offen.

Anion der Stearinsäure („Stearat“), ein gutes Tensid und typischer Bestandteil von Seife

Essig

Enthält Essigsäure – Tafelessig 3 bis 5%, der in der Schweiz gängige Haushaltsessig zum Putzen knapp 10% und Essigessenz bis zu 30%. Essigsäure ist eine Carbonsäure, die aus einem wasserscheuen Kohlenwasserstoffgerüst und einer wasserliebenden Säuregruppe* besteht.

*Besonders wasserliebend wird die Säuregruppe durch ihre Fähigkeit, ein H+-Ion abzugeben und als Carbonsäure-Anion (mit negativer elektrischer Ladung!) leicht mit dem Wasser zu wechselwirken.

Strukturformel von Essigsäure: Bei einem so winzigen wasserscheuen „Schäftchen“ gibt der Kopf den Ton an: Das Molekül als Ganzes ist wasserliebend. Das „H“ im roten Bereich kann zudem leicht als H+ abgegeben werden, was das Molekül zur Säure macht.

Das klingt doch irgendwie nach einem Tensid. Allerdings sind die Essigsäuremoleküle sehr klein, sodass der Anteil der wasserscheu haftenden Wechselwirkung ziemlich gering ausfallen dürfte.

Andere Carbonsäure-Anionen mit längeren Kohlenwasserstoffgerüsten würden da womöglich bessere Dienste leisten. Allerdings haben die nächstlängeren Verwandten der Essigsäure einen weitaus unangenehmeren Eigengeruch (Buttersäure z.B. enthält zwei Kohlenstoff-Atome mehr als Essigsäure, aber die möchte wirklich niemand riechen!).

Stearinsäure, eine langkettige Fettsäure (jede Zacke ist ein C-Atom!): Der lange wasserscheue „Schaft“ verleiht dem Molekül selbst dann noch wasserscheue Eigenschaften, wenn das H+ im roten Bereich abgegeben ist und somit ein Stearat-Anion mit äusserst wasserliebendem Kopf vorliegt. Aus solchen Fettsäure-Anionen bestehen Seifen!

Ausserdem ist Essigsäure – eben eine Säure. Und Säuren reagieren gerne mit verschiedenen Stoffen – besonders dann, wenn sie ständig daran kleben und entsprechend viel Zeit dazu erhalten. Auf Marmor und Kalkstein sollte man zum Beispiel niemals Essig aufsprühen. Diese Gesteine werden nämlich von Säuren sehr leicht angegriffen. Doch auch andere Oberflächen könnten bei längerer Anwendung irgendwann mit unliebsamen Überraschungen aufwarten.

Olivenöl

Besteht hauptsächlich aus Neutralfetten, die auch Triglyceride genannt werden. In diesen Molekülen sind Fettsäuren – also meist besonders langkettige Carbonsäuren – an Glycerin gebunden.

Lewis-Struktur eines Triglycerids: Diese Verbindungen nutzen in Antistatik-Sprays wenig
Ein Triglycerid oder „Fettmolekül“: Dank der langen Kohlenwasserstofketten (hier als Zickzack-Linien), die sich um das Glycerin (schwarz) winden, sind diese Moleküle wasserscheu!

Diese Moleküle tragen von sich aus keine elektrischen Ladungen und sind weder besonders sauer noch basisch – daher der Name. Ausserdem sind sie fettliebend – und damit wasserscheu. Diese Eigenschaften machen frische Pflanzenöle so wenig leitfähig, dass z.B. Rapsöl als flüssiges Isoliermaterial in der Energie- und Hochspannungstechnik eingesetzt werden kann.

Olivenöl als Quelle für Tenside?

Carbonsäuren mit langen Kohlenstoffketten? Die gäben doch prima Tenside ab! Wenn sie denn ungebunden und elektrisch geladen wären. In der Verbindung mit Glycerin zum Fettmolekül, die zur Familie der Ester gehört, sind sie dagegen nur wasserscheue, ungeladene Seitenketten eines wasserscheuen Moleküls. Das kann man ändern, wenn man das Fett mit einer Base mischt, um die Moleküle zu zerlegen: So stellt man schon seit Jahrtausenden Seife her.

In Gegenwart von Essigsäure (wie in vielen Rezepturen für DIY-Antistatik-Spray) können Fettmoleküle zwar auch gespalten werden, doch entstehen dabei – anders als bei der „Verseifung“ mittels Basen – vollständige Carbonsäure-Moleküle anstelle von Carbonsäure-Anionen. Und die geben ihr H+-Ion in Gegenwart der Essigsäure auch nachträglich kaum ab.

Naturgemäss finden sich in Pflanzenölen also stets ein paar freie Fettsäuren. Besonders dann, wenn das Öl schon etwas älter ist. Dann hatten Mikroorganismen und andere äussere Einflüsse nämlich viel Zeit, um das ein oder andere Fettmolekül zu zerlegen. In Gegenwart von Essig werden jedoch kaum Fettsäure-Anionen, sondern fast nur ungeladene Moleküle vorliegen. Wenn unter diesen Fettsäuren solche mit einem penetranten Eigengeruch sind, wird leicht erkenntbar, was dieser Prozess bedeutet: Das Öl wird ranzig.

Warum dann Olivenöl?

Vermutlich zielen solche Rezepturen auf die Pflege von Holzoberflächen oder allgemein den Glanz eines Ölfilms ab. Ob der Einsatz deshalb sinnvoll ist, wage ich dennoch zu bezweifeln. Nicht nur, weil Speiseöle leicht ranzig werden und Mikroben Tür und Tor ins Holz öffnen (Holz- und Möbelexperten empfehlen deshalb technisch aufbereitetes Leinöl, das diese Probleme nicht mitbringt, zur Holzpflege).

Wenn das Antistatik-Spray überdies Flüssigseife enthält, wird zudem ein Grossteil der Tenside aus der Seife mit der Vermittlung zwischen Wasser und Olivenöl beschäftigt, was zu Lasten der eigentlichen Antistatik-Wirkung gehen dürfte.

Ätherische Öle

Wie bereits erwähnt, hat Essig einen Eigengeruch, den nicht jeder mögen muss. Deshalb sollen ätherische Öle dazu dienen, diesen Geruch mit einem angenehmeren Duft zu überdecken.

Generell bin ich keine Freundin von solchen Manövern, zumal der eigentliche Störenfried dabei nicht beseitigt wird. Stattdessen kommen beachtliche Mengen des erwünschten Duftstoffs zum Einsatz, um erfolgreich mit dem Störgeruch zu konkurrieren. Das erachte ich bei Stoffen, die Allergien hervorrufen können (und das können ätherische Öle wie viele andere Naturstoffe auch!), nicht eben als erstrebenswert.

Immerhin: Für den Einsatz in selbstgemachten Reinigungsmitteln könnt ihr ein Öl, das alle (!) Mitglieder eures Haushalts mögen und vertragen, selbst aussuchen.

Zusammenfassung

Die Entstehung von Hausstaub ist unvermeidlich, kann aber nicht nur lästig, sondern auch zum Problem werden. Sogenannte Antistatika sollen Abhilfe schaffen – als leitende Zusatzstoffe in nichtleitenden Kunststoffen oder Lacken in der Elektrotechnik, oder als schnelle Hilfe in Form von nichtleitenden Antistatika zum Aufsprühen.

Die Wirkung solcher Antistatik-Sprays beruht auf Tensiden, also seifenartigen Molekülen, die das Abfliessen von elektrischen Ladungen aus einer nichtleitenden Oberfläche in einen leitenden Wasserfilm fördern sollen. Das funktioniert jedoch nur bei ausreichender Luftfeuchtigkeit und bis die Tensidschicht abgerieben wird.

Trotzdem wird eine Vielzahl von Sprays gegen Staub verkauft und im Netz finden sich viele Rezepturen für Antistatik-Spray zum Selbermachen. Neben Wasser enthalten diese DIY-Produkte in der Regel Flüssigseife (mit Tensiden), Essig (Säure mit Eigengeruch und wenig Tensid-Eigenschaften, die gegenüber manchen Oberflächen aggressiv sein kann), Olivenöl (das ranzig werden kann und die Wirksamkeit der Seife aufhebt) sowie ätherische Öle (als – unter Umständen allergieauslösende – Duftstoffe bzw. zur Überdeckung des Essiggeruchs).

Fazit

Aus meiner persönlichen Sicht ist der eingeschränkte Nutzen von Antistatik-Spray den Aufwand (und das Risiko einer Beeinträchtigung der behandelten Oberflächen) nicht wert. Da wische ich lieber regelmässig Staub – mit einem feuchten Lappen oder Schwamm, sodass ich möglichst wenig davon wieder aufwirbele. So kann ich den Staub ebenso regelmässig ganz aus den Räumen entfernen. Denn so lange er sich nicht absetzt, erscheint mir das kaum möglich.

An der Wirksamkeit von gängigen DIY-Antistatik-Sprays wage ich aus Chemikersicht zu zweifeln. Deshalb gibt es hier auch kein eigenes Rezept. Insbesondere dann, wenn Seife (die ja eigentlich auf Wirksamkeit hoffen lässt) darin auf Speiseöl trifft. Aber auch Chemiker sind nicht perfekt. Vielleicht habe ich ja etwas übersehen?

Dann freue ich mich auf eure Hinweise und Erfahrungen in den Kommentaren und die Möglichkeit, diesen Artikel ggfs. zu überarbeiten.

Silber putzen leicht gemacht!

Die Weihnachtszeit ist auch die Zeit von Festtagsmenu und fein herausgeputzter Tafel. Aber gerade wer die eher selten eindeckt, steht mitunter vor einem ungeliebten Haufen Arbeit: Das Tafelsilber ist schon wieder angelaufen – und auch der Silberschmuck zum Festtagsoutfit glänzt nicht mehr. Also ist Putzen und Polieren angesagt…es sei denn, man versteht ein wenig von Chemie.

Dieser Beitrag ist Teil des Adventskränzchens 2019!
Weitere Beiträge zum Thema des Tages „Fein herausgeputzt“ findet ihr auf
www.marie-theres-schindler.de
http://cosmic-blue.jimdofree.com
https://das-leben-ist-schoen.net

Warum läuft Silber an?

Landläufig kennt man Silber eigentlich als Edelmetall – also als eines jener Metalle, die als so reaktionsträge gelten, dass sie auch an der Luft mehr oder weniger blank bleiben. „Reaktionsträge“ meint dabei „schwer bis gar nicht zu oxidieren“. Und für das Oxidieren an der Luft ist in der Regel der darin enthaltene Sauerstoff verantwortlich. Der kann dem Silber aber gar nichts, wenn er alleine ist. Anders sieht es aber aus, wenn der Sauerstoff Unterstützung durch seinen grossen Bruder hat: Den Schwefel.

Schwefel: Der anrüchige Bruder des Sauerstoffs

Der steht im Periodensystem der Elemente direkt unter dem Sauerstoff, was bedeutet, dass Schwefel und Sauerstoff chemisch miteinander eng verwandt sind. So gibt es Schwefel auch in Form von S2--Ionen, analog zu den Sauerstoff-Anionen O2-. Und diese S2- -Ionen kommen zum Beispiel im Schwefelwasserstoff, H2S, einem äusserst übelriechenden Gas, oder in organischen Verbindungen, den sogenannten Thiolen, vor. „Thio-“ ist altgriechisch für Schwefel und die Endung „-ol“ weist auf die chemische Verwandschaft hin: Thiole sind die schwefelhaltigen Geschwister der Alkohole.

Ebenso haben auch die Aldehyde und Ketone (Sauerstoffverbindungen, die entstehen, wenn man Alkohole oxidiert – darunter Acetaldehyd, das uns nach Alkoholgenuss den Kater beschert) schwefelhaltige Geschwister.

All diese organischen Schwefelverbindungen sind oft ziemlich üble Stinker, und das nicht von ungefähr: Wie Schwefelwasserstoff sind einige Thiole hochgiftig, sodass der Gestank uns Menschen aus gutem Grund dazu bewegt, vor ihnen wegzulaufen. Andere Verbindungen werden von Pflanzen verwendet, um ihre Fressfeinde abzuschrecken. Ein bekanntes Beispiel dafür sind Zwiebeln. Der Stoff, der uns beim Schneiden von Zwiebeln Tränen in die Augen treibt, um uns vom Zerstören der Knollen abzuhalten, gehört auch zur Grossfamilie der schwefelorganischen Verbindungen.

Wie Schwefel an das Silber kommt

Tatsächlich kann man Thiole und andere schwefelorganische Verbindungen – und damit auch Schwefelwasserstoff in kleinen Mengen – überall dort finden, wo Leben ist oder war. Zum Beispiel in Lebensmitteln, auf unserer Haut oder auch in Kosmetika. So ist es nur natürlich, dass unser Tafelsilber und Silberschmuck, wenn wir sie benutzen, nebst Sauerstoff auch mit S2--Ionen in Berührung kommt.

Und die bilden mit Silberionen, Ag+, ein schwarzes, wasserunlösliches Salz, das Silbersulfid Ag2S:

2Ag+ + S2- –> Ag2S

Dabei wird eine Menge Energie frei. Das bedeutet, dem fertigen Silbersulfid wohnt viel weniger Energie inne als dem Silber-Metall und den S2--Ionen. Und Zustände mit möglichst wenig Energie strebt die bequeme Natur stets an. Der Zustand als Silbersulfid ist sogar dermassen erstrebenswert, dass Luftsauerstoff aus Silber-Metall Silber-Ionen machen kann (das geht normalerweise nicht von selbst), wenn S2- zur Stelle ist, um mit letzteren Silbersulfid zu bilden. Und zwar direkt an der Oberfläche des Silber-Metalls, wo die Ag+-Ionen entstehen. So bleibt das wasserunlösliche Silbersulfid gleich dort und bildet die dunkle Patina, die Silber so häufig überzieht.

Wie wird man die Silbersulfid-Schicht wieder los?

Grundsätzlich gibt es zwei Wege, die schwarze Schicht von der Silberoberfläche zu bekommen:

  • Man schrubbt oder löst sie ab – dann ist das Silber darin aber verloren.
  • Man macht aus den Silberionen darin wieder metallisches Silber und setzt die Sulfid-Ionen frei.

Ich ziehe den zweiten Weg dem ersten vor, um möglichst viel Silber an meinen Gegenständen zu erhalten. Und dazu gibt es neben kommerziellen Reinigungsmitteln verschiedenste Hausmittel im Netz. Besonders interessant – weil so einfach und wirksam, finde ich dieses:

Silber mit Aluminiumfolie in Salzwasser reinigen

Ihr braucht dazu

  • euer angelaufenes Silber (Besteck, Tafelsilber oder Schmuck ohne Steine oder sonstiges Beiwerk!)
  • Aluminiumfolie
  • etwas Kochsalz
  • Leitungswasser
  • Kochtopf und Herd
  • einen gut belüfteten Raum bzw. eine Dunstabzugshaube zum Herd
  • eine Grillzange oder ein ähnliches Greifwerkzeug
Was ihr zum Silber putzen braucht: Silber, Kochsalz, Alufolie, Kochtopf
Ich habe für meinen Testlauf ein Schmuckstück aus 925er Silber verwendet (unten im Bild). Das bedeutet, 925 von 1000 Teilen oder 92,5% des Metalls sind Silber, der Rest besteht aus anderen Metallen – in der Regel Kupfer. In solch einer Legierung ist das Silber etwas härter als in ganz reiner Form. Silberbesteck besteht übrigens meistens aus 80% Silber und 20% Kupfer und ist damit noch härter. Doch so lange das Besteck nicht grün angelaufen ist, funktioniert dieser Trick auch damit.

So geht’s

  • Füllt Wasser in den Topf (es soll eure Silbergegenstände später ganz bedecken) und gebt einen Löffel Kochsalz hinzu (als wolltet ihr z.B. Spaghetti kochen)
  • Bringt das Wasser auf dem Herd zum Kochen
  • Zerteilt inzwischen die Aluminiumfolie in kleine Schnipsel und gebt sie in das kochende Wasser. Die Schnipsel sollten ganz ins Wasser eingetaucht sein – hierzu ist die Grillzange sehr nützlich!
  • Legt den Silbergegenstand in das kochende Wasser, lasst das Ganze kurz aufkochen und nehmt das Silber mit der Zange wieder heraus (Vorsicht, heiss!). Wenn ihr das ganze Tafelsilber säubern wollt, wiederholt diesen Schritt einfach mit den nächsten Teilen.
  • Lasst das Metall kurz abkühlen und trocknet es gründlich ab
Silber und Alufolie im Kochtopf
Kaum zu sehen: Das Silber liegt auf dem Grund des Salzwassers mit Aluminium-Schnipseln.

Was ihr beobachten könnt

Das Silber wird innerhalb einer Minute oder weniger wieder hell und glänzend. Der aufsteigende Wasserdampf riecht währenddessen ein wenig nach faulen Eiern – deshalb grössere Mengen nicht einatmen, gut lüften oder den Abzug verwenden!

Vorsicht, heiss: Gerade aus dem Topf gehoben glänzt das Silber blitzblank!
Vorsicht, heiss: Gerade aus dem Topf gehoben glänzt das Silber blitzblank!

Was passiert da?

Aluminium ist ein sehr unedles Metall. Es wird also leicht oxidiert. Oxidation bedeutet: Das Aluminium gibt Elektronen an einen Reaktionspartner ab:

Ein möglicher Reaktionspartner, der freiwillig Elektronen von Aluminium entgegennimmt (die Aufnahme von Elektronen eines Reaktionspartners heisst Reduktion), sind Silberionen, Ag+:

Links: Das Schmuckstück vor dem Kochen mit deutlich sichtbarer Silbersulfid-Schicht.
Rechts: Nach dem Kochen, Abkühlen und Trocknen glänzt das Silber wieder hell.

Euch kommt das irgendwie bekannt vor? Richtig: Aluminiumfolie als Rostfänger in der Spülmaschine funktioniert ganz ähnlich! Mit dem Unterschied, dass das Aluminium dort der Entstehung von Flugrost (d.h. Eisen-Ionen) zuvorkommt, weil es leichter als Eisen oxidiert wird.

Für die Reduktion von Silbersulfid müssen die Elektronen aber irgendwie vom Aluminium in der Folie zum Silbersulfid an der Oberfläche unseres Tafelsilbers gelangen. Und Elektronen, die auf Wanderschaft gehen, sind elektrischer Strom.

Elektronentransport dank Elektrolytlösung

Hier kommt das Kochsalz, NaCl, ins Spiel. Gibt man es ins Wasser, löst es sich nämlich in Na+– und Cl-Ionen auf. Und Ionen, die sich in einer Flüssigkeit bewegen können, leiten den elektrischen Strom! Anders als in einem Kabel, durch welches Elektronen einfach hindurchströmen, wandern positiv geladene Ionen (Kationen) hierzu durch die Flüssigkeit dorthin, wo es viele Elektronen gibt (zur „Kathode“), um dort Elektronen (hier vom Aluminium) „huckepack“ zu nehmen, während die negativen Ionen (Anionen) dorthin wandern, wo wenig Elektronen sind (zur „Anode“), um dort Elektronen abzugeben (hier an die Silberionen). Eine solche leitfähige Flüssigkeit nennen die Chemiker „Elektrolyt“.

Ebenso wie Kochsalz funktionieren natürlich auch andere wasserlösliche Salze als Bestandteil der Elektrolytlösung zum Silberputzen. Natron, Soda oder Backpulver werden gerne als Alternativen genannt. Diese reagieren allerdings basisch und bilden mit vielen Metallen – auch Aluminium – schwer lösliche Hydroxide. Und die könnten die Oberfläche der Aluminiumfolie für die Redox-Reaktion mit dem Silber blockieren („passivieren“). Deshalb – und weil Basen die Haut eher reizen als neutrale Stoffe oder Säuren – finde ich Kochsalz als Elektrolyt einfach bequemer.

Da auf diese Weise sehr bequemes Silbersulfid zerstört werden soll, braucht es zusätzlich noch Energie, damit das Ganze funktioniert. Und die fügen wir durch das Erhitzen zu.

Und woher kommt der Geruch nach faulen Eiern?

Wenn die Ag+-Ionen zu metallischem Silber reagieren, bleiben die S2--Ionen übrig:

Die bleiben aber ungern nackt und einsam, sodass sie sich sofort von den nächstbesten Wassermolekülen H+-Ionen schnappen:

Also insgesamt:

Das Gas H2S, also Schwefelwasserstoff, ist giftig, wasserlöslich, verdampft aber leicht – ganz besonders, wenn die Lösung gerade kocht. Deshalb können wir es im Wasserdampf, der aus unserem Topf mit dem Silber aufsteigt, riechen. Aber keine Sorge: Gerade weil dieses Gas so giftig ist, ist die menschliche Nase darauf äusserst empfindlich. Bevor wir gesundheitsschädliche Mengen davon einatmen können, sind wir in aller Regel längst vor dem Gestank davongelaufen.

Trotzdem solltet ihr euren Raum, in dem ihr Silber auf diese Weise putzt, gut lüften oder die Dunstabzugshaube einschalten, damit sich das Gas nicht sammelt – und damit nicht eure ganze Wohnung danach stinkt 😉 .

Was passiert, wenn man viel Silber reinigt?

Wenn ihr viel Silber reinigt, könnte es auch mit Kochsalz als Elektrolyt passieren, dass eure Alufolienschnipsel stumpf werden. Denn dank der frei werdenden S2--Ionen kommt ihr letztlich um die Entstehung von Hydroxiden (Verbindungen mit OH-Ionen) nicht herum. So lassen sich alle Gleichungen oben zu einer einzigen Reaktionsgleichung zusammenfassen:

Sollte sich das Aluminiumhydroxid Al(OH)3 an der Oberfläche der Alufolie sammeln, bis das Reinigen des Silbers nicht mehr funktioniert, tauscht die Folienschnipsel einfach gegen frische Schnipsel aus. Zudem könnt ihr die Haltbarkeit der Folienschnipsel etwas verlängern, indem ihr ein wenig Säure, zum Beispiel Zitronensäure, zur Salzlösung gebt.

Wenn ihr euch gut mit Chemie auskennt, könntet ihr natürlich eine Pufferlösung einzusetzen, um die Alufolie noch deutlich länger „frisch“ zu halten. Aber das ist eine andere Geschichte.


Entsorgung

Da bei diesem Verfahren Silberionen an der Silberoberfläche zu metallischem Silber reduziert werden, sollte eure Salzlösung nach dem Kochen praktisch kein Silber enthalten. Das Aluminium reagiert ebenfalls zu schwer löslichen Salzen (spätestens dann, wenn ihr die gebrauchte Lösung mit etwas Natron basisch macht).

Wenn die, nachdem ihr viel Silber gereinigt habt, als sichtbare Schlieren oder Trübung aus der Lösung ausfallen, könnt ihr die Flüssigkeit filtrieren, das Filterpapier (z.B. einen Kaffeefilter) trocknen lassen und in den Hausmüll geben.

So könnt ihr die verbleibende Salzlösung nach dem Abkühlen – und nachdem ihr die Folienschnipsel herausgenommen habt, in den Ausguss entsorgen.

Die Folienschnipsel könnt ihr wie anderes Haushalts-Aluminium auch in den Recycling-Abfall geben (in der Schweiz in den Container an der Abfall-Sammelstelle, in Deutschland und Österreich über die gelbe Tonne).

Wenn ihr ausserdem Kupfer oder Messing putzen möchtet: Auch dafür gibt es einen einfachen Chemie-Trick – den findet ihr hier!

Und wie putzt ihr euer Silber für gewöhnlich?

Hast du das Experiment nachgemacht:

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Experiment und Haushaltstipp: Kupfer mit Hausmitteln reinigen

Ein verregneter Frühling ist – wohl oder übel – Zeit für Schlechtwetterprogramm. Aber was tun? Experimentieren oder Haushalt? Warum nicht beides miteinander? Ich habe einen genialen Hack für euer Kupfer-Geschirr – mit Experiment für eure Kinder dazu!

Habt ihr einen Kupfertopf? Armaturen oder andere Gegenstände aus Messing? Und die sind mal wieder ziemlich angelaufen und sollten dringend geputzt werden? Dann legt los – und zwar ganz ohne kommerzielle Reinigungspaste. Denn was ihr braucht, findet ihr mit Sicherheit in der Küche.

Kupfer und Messing reinigen: Ihr braucht dazu

  • Angelaufenen Kupfertopf o.Ä.
  • Papiertücher (könnt ihr einfach entsorgen, da ihr sie nicht auswaschen müsst!)
  • Ggfs. Putzhandschuhe
  • Haushaltsessig
  • Kochsalz (Speisesalz, NaCl)

Und für ein simples, aber atemberaubendes Experiment für die Nachwuchs-Forscher das Ganze im Kleinformat…

Experiment: Kupfermünzen reinigen: Ihr braucht dazu

  • Kupfermünzen (nachweislich funktionieren Euro-Cents, britische Pennys und US-Cents, Münzen mit messinggoldener Oberfläche wie das Schweizer Füüferli oder tschechische 20 Kronen bringen kein gutes Ergebnis)
  • Haushaltsessig
  • Kochsalz
  • leeres Glas (z.B. Gewürzglas, praktisch mit gewölbtem Boden)
  • ggfs. Schutzbrille und Kittel für die Nachwuchs-Forscher

Haushaltsessig und andere Säuren wirken ätzend! Essigsäure ist jedoch eine schwache Säure, die unserer Haut dank deren Säureschutz nicht gleich Schaden zufügt. Deshalb trage ich beim Umgang mit solch kleinen Mengen keine Handschuhe.

Wenn ihr Essig auf die Haut bekommt, spült ihn einfach gründlich mit Wasser ab. Sollte euch ein Spritzer in die Augen geraten (die Schutzbrille sollte das verhindern!), spült die Augen sehr gründlich mit fliessendem Wasser aus (10 Minuten lang heisst es im Labor!) und geht bei bleibenden Beschwerden zur Sicherheit zum Augenarzt.

Wenn Spritzer auf die Kleidung kommen, zieht sie aus und wascht sie ebenfalls sofort sehr gründlich aus. Wenn die Säure die Textilien angreift, können sonst später beim Waschen in der Maschine noch Löcher entstehen!

So geht’s

Experiment

Gebt ca. 1 cm hoch Haushaltsessig ins Glas, dann eine angelaufene Kupfermünze hinein. Schliesslich gebt ihr reichlich – etwa einen Teelöffel – Kochsalz hinzu.

Münze im Essig-Kochsalz-Bad: Ein paar Sekunden reichen – ihr könnt zuschauen, wie sie blank wird! Das Kochsalz muss sich übrigens nicht vollständig im Essig lösen. Direkt auf die Münze gegeben wirkt es am besten.

Kupfertopf reinigen

Gebt einen Schuss Essig auf euren Lappen und streut Kochsalz auf den nassen Fleck. Nicht damit sparen! Dann poliert euren Kupfertopf oder Messinggegenstand mit dem Gemisch. Sobald der Topf blank ist, könnt ihr ihn mit einer kleinen Menge Speiseöl einreiben, damit er nicht sogleich wieder anläuft.

Was ihr beobachten könnt

Beim Experimentieren

Die dunkel angelaufene Kupfermünze wird innerhalb von Sekunden hell! Fischt die Münze aus dem Glas, sobald sie hell genug ist (eine Gabel ist dabei sehr hilfreich) und spült sie kurz mit Wasser ab.

Kupfermünze mit Essig und Kochsalz gereinigt: Die linke Münze ist nach wenigen Sekunden im Essig-Salz-Bad blank, die rechte, angelaufene dient als Vergleich
Rechts: Angelaufene 2-Eurocent-Münze; Links: eine vergleichbar angelaufene 2-Eurocent-Münze nach wenigen Sekunden im Essig-Kochsalz-Bad

Beim Reinigen des Kupfertopfes oder Messinggegenstandes

Das Kupfer oder Messing wird sofort blank, wie beim Putzen mit einer kommerziellen Reinigungspaste!

Entsorgung

Kupferionen sind giftig für Wasserorganismen und andere Kleinstlebewesen. Deshalb gehören sie grundsätzlich als Sondermüll entsorgt. Die winzigen Mengen, welche beim Experimentieren mit Münzen entstehen, könnt ihr aber mit dem Essig-und-Salz-Gemisch in den Abfluss entsorgen.

Die Papiertücher, mit welchen ihr Kupfertöpfe und Messing putzt, könnt ihr in den Hausmüll geben oder – wenn ihr die Kupfergeschirr-Komplettausstattung eurer Profi-Küche poliert und so grössere Mengen erzeugt habt 😉 – trocknen lassen und zur Sonderabfall-Sammelstelle bringen.

Was passiert da?

Die dunkle Farbe angelaufenen Kupfers ist ein Belag aus Kupferoxiden, hauptsächlich aus schwarzem Kupfer(II)oxid (CuO). Dieses Salz besteht aus Cu2+– und O2- -Ionen. Cu2+-Ionen können sich in Wasser lösen, wobei sie von Wassermolekülen umgeben werden.

Dabei nehmen sechs Wassermoleküle der innersten Wasserschicht um ein Cu2+-Ion ganz bestimmte, geometrische Positionen ein: Die Ecken eines lang gezogenen Oktaeders.

Hexaaquakupfer(II) - Komplex: Die beiden H2O auf der Längsachse sind etwas weiter vom Kupfer entfernt als die vier übrigen
Der Hexaaquakupfer(II)-Komplex: Die Pfeile deuten die Bindungen durch „geliehene“ Elektronenpaare an. Die Wassermoleküle markieren die Ecken eines Oktaeders (eine viereckige Doppelpyramide), wobei die beiden Moleküle oben und unten etwas weiter weg vom Kupfer sind als die übrigen vier. Die Folge: Der Oktaeder erscheint etwas in die Länge gezogen.

Wie sie dazu kommen? Ein Cu2+-Ion hat relativ wenig Elektronen (immerhin zwei weniger, als zum Ausgleich seiner Kernladung nötig wären). Wassermoleküle hingegen haben – zumindest am Sauerstoff-Ende – ziemlich viele davon, und zwar ganze zwei äussere Elektronenpaare, die für keine chemische Bindung innerhalb des Moleküls gebraucht werden. So können Wassermoleküle eines dieser nichtbindenden Elektronenpaare einem Cu2+-Ion „ausleihen“.

Damit entsteht eine chemische Bindung zwischen Wasser und Kupfer-Ion, die von den Chemikern „koordinative Bindung“ oder „Komplexbindung“ genannt wird. „Komplex“ ist daran allerdings nur, dass ein Bindungspartner dem anderen ein Elekronenpaar ausleiht, anstatt dass wie bei der kovalenten oder Atombindung jeder Partner ein Elektron dazu beisteuert.

Komplexbildungsreaktionen sind Gleichgewichtsreaktionen

Cu2+-Ionen sind nun damit zufrieden, von sechs geliehenen Elektronenpaaren jeweils ein Bisschen zu haben. Allerdings lange nicht so zufrieden wie damit, einen Platz in einem CuO-Kristallgitter zu haben.

Stets kehren Cu2+-Ionen aus der Lösung in das Kristallgitter zurück: Die [Cu(H2O)6]2+ – Komplexe befinden sich stets mit dem Kupfer-Ionen im Kristallgitter in einem chemischem Gleichgewicht (Le Chatelier erklärt euch das Gleichgewicht hier auf dem Flughafen genauer).

Dieses Gleichgewicht liegt in Wasser allerdings ganz weit auf der Seite des Salzkristalls, es sind nur ganz wenige [Cu(H2O)6]2+ -Komplexe in Lösung.

Kochsalz übt einen Zwang aus

Gibt man nun reichlich Kochsalz (NaCl) in das Wasser, löst sich dessen Gitter auf: Na+– und Cl-Ionen gehen einzeln ins Wasser über . Die Cl-Ionen können ebenfalls Komplexe mit Kupfer bilden: Sie können Wassermoleküle im [Cu(H2O)6]2+ ersetzen, sodass Komplexe wie [Cu(H2O)5Cl]+ entstehen:

Die Art Reaktion nennen die Chemiker „Ligandenaustauschreaktion“: Die Teilchen, welche dem Kupfer-Ion (dem „Kern“) im Zentrum des Komplexes die Elektronenpaare leihen, heissen nämlich „Liganden“ (von lateinisch ligare = binden).

Durch solche Reaktionen können bis zu vier Wassermoleküle ausgetauscht werden. Die zwei verbleibenden Wassermoleküle bilden nun die Spitzen des langgezogenen Oktaeders.

Tetrachlorocuprat(II) in wässriger Lösung: Der quadratisch-planare Kupfer-Komplex wird von zwei Wassermolekülen zum langgezogenen Oktaeder ergänzt.
Tetrachlorocuprat(II): So heisst der Komplex, welcher entsteht, wenn die maximal mögliche Anzahl Wassermoleküle gegen Chlorid-Ionen ausgetauscht wird.

All diese Komplexe stehen miteinander im Gleichgewicht. Das schiere Überangebot an Cl-Ionen allein sorgt dafür, dass diese Gleichgewichte jeweils auf die Seite mit mehr Chlorid im Komplex gedrängt werden. So einem Zwang wie dem Cl-Überschuss will das ganze System nämlich ausweichen.

Der Knackpunkt dabei: Durch die Entstehung der Komplexe mit Chlorid wird dem Gleichgewicht zwischen CuO und gelösten Kupferionen das  [Cu(H2O)6]2+ entzogen! Laut dem Prinzip von Le Chatelier strebt das Gleichgewicht danach, auh diesen Verlust auszugleichen: Der Verlust der Kupferionen mit reiner Wasserhülle zieht das Gleichgewicht förmlich auf die Seite des gelösten [Cu(H2O)6]2+. So geht in der Anwesenheit von reichlich Cl mehr Cu2+ aus dem CuO in Lösung.

Und was tut der Essig dabei?

Mit Kochsalz und blossem Wasser funktionieren diese Ligandenaustauschreaktionen kaum: Das Kupferoxid bleibt an der Oberfläche haften – der Kupfertopf bleibt dunkel.

So lautete meine erste Vermutung Die Säure (Haushaltsessig ist nichts anderes als Essigsäure gelöst in Wasser) fördert irgendwie die Entstehung der chloridhaltigen Komplexe. Befriedigend war diese Erklärung aber lange nicht.

Deshalb habe ich meine Chemiker-Gedanken weiter gesponnen und bin zu folgender Erklärung gelangt:

Wenn Cu2+-Ionen aus dem CuO in Lösung gehen, müssen die O2--Ionen aus dem Gitter auch irgendwo hin. Allerdings können die nicht einfach von Wassermolekülen umgeben existieren. Stattdessen reagieren sie mit dem Wasser zu OH-Ionen:

Auch zwischen diesen Reaktionspartnern besteht ein Gleichgewicht, das nicht all zu weit auf der Seite der OH-Ionen liegen mag. Ist im Wasser allerdings eine Säure (ein Stoff, der mit Wasser H3O+-Ionen erzeugen kann) vorhanden, reagieren die OH-Ionen allerdings gleich wieder zu Wasser:

Diese Gleichgewichtsreaktion nennen die Chemiker „Neutralisation“! Es liegt nämlich recht weit auf der Wasser-Seite, sodass eine Säure wie H3O+ und eine Base wie OH ganz von selbst miteinander reagieren. Durch den „Verbrauch“ von OH-Ionen durch die Neutralisation wird wiederum das Gleichgewicht zwischen O2- im CuO-Gitter und den OH-Ionen in Lösung auf die OH-Seite gezogen.

Zum besseren Überblick habe ich die wichtigsten Gleichgewichte und ihre Abhängigkeiten voneinander noch einmal zusammengefasst:

Überblick über die Gleichgewichtsreaktionen: So löst sich Kupfer in Essig mit Kochsalz
Die roten Pfeile deuten die Verlagerung der Gleichgewichte an: Die Reaktionen ganz rechts „ziehen“ die Gleichgewichte weiter links auf die Seite der Lösung: Das Kupferoxid an der Kupferoberfläche wird aufgelöst!

Wenn meine Erklärung zutrifft, müsste das Ganze auch mit Kochsalz in anderen Säuren funktionieren. Ich habe es ausprobiert: Kochsalz in Zitronensäure zeigt beim Polieren die gleiche Wirkung.

Aber Kupfer(II)-Komplexe sind doch farbig?

Die Chemie-Erfahreneren unter euch wissen vielleicht, dass die Komplexe mit Cu2+-Ionen eigentlich sehr farbig sind: [Cu(H2O)6]2+ ist zum Beispiel cyanblau, während die chloridhaltigen Komplexe zunehmend grün sind. Warum sieht man dann beim Reinigen der Münzen die Farben nicht?

Ich gehe davon aus, dass diese Komplexe insgesamt in so kleiner Menge entstehen, dass uns die äusserst blasse blau-grüne Färbung schlichtweg nicht auffällt.


Wie verträglich ist die Reinigung mit Essig und Kochsalz für die Kupfer-oberfläche?

Durch die Ligandenaustauschreaktionen wird das Kupfer-Metall nicht wieder hergestellt. Stattdessen wird bereits oxidiertes Kupfer in Wasser gelöst, sodass es abgewaschen werden kann. Wie bei allen anderen mir bekannten Mitteln zur Entfernung von Korrosionsspuren würde auch dieses bei wiederholtem Putzen irgendwann das Metall „aufbrauchen“.

Im praktischen Gebrauch bei der Reinigung von Kupfertöpfen und ähnlichen Gegenständen fällt diese Verlust jedoch nicht ins Gewicht. Zudem gehe ich davon aus, dass kommerzielle Reinigungspasten nach dem gleichen Prinzip funktionieren. Ihr könnt also getrost eure Kupfertöpfe mit Essig und Kochsalz polieren.

Und Messingoberflächen?

Messing ist eine Legierung – also ein Gemisch – aus den Metallen Kupfer und Zink. Auch in Messing sind also Kupferatome enthalten, die, wenn sie zu CuO oxidiert werden, dem Metall ein dunkles, stumpfes Aussehen geben. Damit sollte sich dieses Problem mit Hilfe der selben Reaktionen beheben lassen.

Tatsächlich habe ich auch den Messinggriff meines Kupfertopfes problemlos mit Essig und Kochsalz polieren können. Lasst dabei jedoch die Mischung nicht unnötig lange einwirken, sondern spült sie gleich nach dem Putzen ab!

Beim Experimentieren mit Messingmünzen habe ich nämlich festgestellt, dass die Mischung Zink oder/und andere Bestandteile der Legierung aus der Oberfläche herauslösen kann. Die Folge: Die ehemals messinggoldene Oberfläche wird zwar blank, aber rot wie Kupfer!

Zink ist nämlich ein ziemlich unedles Metall, sodass es von der Säure angegriffen werden könnte. Die Säurekorrosion habe ich hier zur Rostparade oder zum Anhören in der neuen Folge des Proton-Podcasts (erscheint in Kürze) erklärt.

Bild: Tschechische 20-Kronen-Münze rot verfärbt

Was euch die Verwendung dieses Hausmittels bringt

Wie bereits erwähnt vermute ich, dass im Handel erhältliche Reinigungspaste für Kupfer und Messing auf die gleiche Weise funktioniert wie das Gemisch aus Säure und Kochsalz – nämlich mit Chemie. Welchen Vorteil habt ihr dann aber von diesem Hausmittel?

Wie ihr seht: Ohne Chemie geht nichts im Haushalt. Anders als bei einer Reinigungspaste aus dem Handel wisst ihr beim Einsatz eines solchen Hausmittels oder Chemie-Hacks ganz genau, welche Chemie bzw. Chemikalien darin enthalten sind. Nämlich garantiert nichts, was euch gefährlich werden könnte (so lange ihr das Kochsalz nicht löffelweise esst oder euch die Säure in die Augen spritzt – aber das versteht sich ja von selbst). Das ist doch ein beruhigender Gedanke, oder?

Und wie reinigt ihr Kupfer und Messing in eurem Haushalt?

Hast du das Experiment nachgemacht: 

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Wenn etwas nicht oder nur teilweise funktioniert haben sollte, schreibt es in die Kommentare. Ich helfe gerne bei der Fehlersuche!

Einkochen und Einwecken mit Mehl - Warum geht das nicht?

Kürzlich hat meine Leserin Pia geäussert, was ich daraufhin vielfach in Foren zum Einkochen wiedergefunden habe:

Beim Einkochen (Einwecken) darf man nichts mit Mehl binden – das säuert. Aber Kuchen mit Mehl kann man einkochen. Auch Brot und Nudeln darf man – überall Mehl drin. Nur die Sauce darf nicht mit Mehl … warum nicht?

Eine spannende Frage – die mich veranlasst hat, mich näher mit der Physik und Chemie des Einkochens zu beschäftigen.

Einkochen: Wieso? Weshalb? Warum?

Durch Einkochen oder Einwecken werden Lebensmittel haltbar gemacht. Die sind nämlich nicht nur für uns äusserst nahrhaft, sondern auch für allerlei Mikroorganismen. Die nisten sich in Lebensmitteln ein, verändern ihr Aussehen und ihren Geschmack in oft nicht gewünschter Weise, und machen uns im schlimmsten Fall auch noch krank.

Eine einfache Methode, diese Störenfriede loszuwerden, ist, sie mitsamt ihrer Umgebung so gründlich zu erhitzen, dass sie selbst gekocht werden und damit absterben. Die meisten Lebewesen bestehen nämlich aus Proteinen, die ab 42°C ihre Form und damit ihre Funktionsfähigkeit verlieren: Sie denaturieren. Und damit ist es dann vorbei mit Leben. Wenn man dann noch dafür sorgen kann, dass es auch so bleibt…

Konservieren durch Erhitzen

Zum Einkochen werden die Lebensmittel in Gläsern erhitzt, die mittels eines Dichtungsringes oder Schraubdeckels luftdicht verschlossen werden können. Dabei dehnen sich Luft und allenfalls entstehender Wasserdampf (dank der Anomalie des Wassers auch flüssiges Wasser ein wenig) aus und können sich notfalls an der Dichtung vorbei nach draussen zwängen.

Sobald solch ein Glas jedoch abkühlt, zieht sich die Luft darin zusammen (und allfälliger Wasserdampf kondensiert zu flüssigem Wasser). So entsteht im Glas ein Unterdruck, der dafür sorgt, dass die Dichtung fest gezogen wird. Nun kann nichts mehr aus dem Glas hinaus oder hinein. Auch keine Mikroorganismen oder ihre Sporen.

Damit ist sicher gestellt, dass nicht nur alle Bakterien und Pilze im Einkochgut tot sind, sondern auch keine neuen mehr hinein gelangen können. Um dessen wirklich sicher zu gehen, erhitzt man das Einkochgut entsprechend gründlich und lange (in der Regel auf 100°C, die Siedetemperatur von Wasser bei Atmosphärendruck). So soll auch das Innerste eines Einmachglases warm genug werden, um lebensfeindlich zu sein.

Die Industrie gibt dem Ganzen einen Namen

Der deutsche Chemiker Rudolf Rempel hat das Einmachglas Ende des 19. Jahrhunderts erfunden und sich 1892 patentieren lassen – und starb ein Jahr darauf mit nur 34 Jahren. So kam es, dass der Unternehmer Johann Carl Weck das Patent erwarb und zum ersten industriellen Hersteller von Einmachgläsern und Zubehör wurde. Mit dem Namen Weck verbreitete sich bald der Begriff „Einwecken“ für die Verwendung der Gläser.

Inzwischen hat das „Einwecken“ Eingang in den Duden gefunden und darf damit als allgemeingültiger Teil der deutschen Sprache als Synonym für das Einkochen verwendet werden – ganz gleich welche Gläser man dazu benutzt. Anders verhält es sich jedoch mit dem Wortteil „Einweck-„. Der ist nach wie vor geschützt. Ein Einweckglas oder einen Einweckring gibt es somit bis heute nur von der Firma Weck.

Und wenn sich jetzt die österreichischen Leser fragen, wovon ich eigentlich schreibe: Bei euch war im frühen 20. Jahrhundert die Rex-Konservenglas-Gesellschaft Hersteller Nummer 1 für Einmachgläser. So hat sich in Österreich der Begriff „Einrexen“ eingebürgert.

Warum klappt das Einwecken nicht mit Mehl?

Mehl enthält Amylasen: Das sind Enzyme, also Proteine, welche die langen Stärke-Ketten in kürzere Einfach- oder Zweifachzucker spalten können.

Strukturformel Stärke bzw. Amylose
Einfaches Stärkemolekül („Amylose“) – eine Kette aus Glucose-Molekülen, hier als Sechsringe dargestellt.

Der Name verrät uns das: Die unverzweigte Form der Stärke nennen die Chemiker auch Amylose, wobei die Endung „-ose“ auf ein Kohlenhydrat hinweist. Die verzweigte Form dieser Molekülketten nennen sie hingegen Amylopektin. Die Endung „-ase“ der Amylase weist hingegen auf ein Enzym hin, das spaltet bzw. zerlegt, was im Namen davor steht.

Wie kommen solche Enzyme in das Mehl?

Die Amylasen sind ein wichtiger Bestandteil von Getreidekörnern. Sie werden von der Mutterpflanze darin eingelagert, damit sie die Stärke im Samenkorn spalten können. Denn der Keimling, der daraus wächst, kann nur mit kleinen Zuckermolekülen etwas anfangen.

So lange die Amylasen funktionsfähig sind (und das bleiben sie beim Mahlen und bei vielen Vorgängen der Lebensmittelzubereitung auch), machen sie ihren Job jedoch auch in Lebensmitteln. Dabei entstehen aus Stärke und Wasser kleinere Zuckermoleküle wie z.B. Maltose (Malzzucker), ein Zweifachzucker aus zwei Glucose-Einheiten.

Ein Maltose-Molekül besteht aus zwei Glucose-Ringen

Zucker sind süss. Warum wird dann das Eingemachte sauer?

Geschmacksveränderungen in verderbenden Lebensmitteln sind in der Regel die Folge von Gärung. Dabei erzeugen wie Bakterien und Hefen aus den Lebensmittelbestandteilen neue Stoffe, die anders schmecken. Die beiden wichtigsten Gärungsprozesse sind die alkoholische (hierbei entsteht der „Trinkalkohol“ Ethanol) und die Milchsäuregärung (hierbei entsteht Milchsäure bzw. das Lactat-Anion). Und zwar ganz ohne Sauerstoff-Zufuhr.

Wie die alkoholische Gärung genau funktioniert, könnt ihr hier nachlesen und im Experiment gleich selbst beobachten. Dabei zeigt sich, dass als Nebenprodukt des Gärprozesses das Gas Kohlenstoffdioxid, CO2, entsteht. Und mit der Entstehung von Gas erhöht sich der Druck im Einmachglas – bis der Verschluss undicht wird.

Um das zu bewerkstelligen, brauchen die Mikroben Zucker aus kleinen Molekülen. Ergo solche Zucker, wie die Amylasen ihn aus der Stärke freisetzen. Nicht inaktivierte Amylasen können also nicht nur Pflanzenkeimlinge, sondern auch Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen ernähren.

Bakterien und Hefen im Einmachglas?!

Nun sollte man annehmen, dass Amylasen im Einmachglas kein Problem darstellen sollten. Schliesslich werden beim Einkochen die Mikroben im Einmachgut totgekocht. Und an diesem Punkt sind alle meine bisherigen Recherchen ins Leere gelaufen.

So bleibt mir als Erklärung letztendlich nur der Umstand, dass auch der Einkochvorgang keine perfekte Konservierung ermöglicht. Irgendwo wird da immer die ein oder andere Zelle überleben. Oder zumindest ihre Enzyme für die Gärung werden nicht vollständig unbrauchbar gemacht (sind die richtigen Enzyme beisammen, funktioniert Gärung nämlich auch ohne Zellen).

Wenn diese letzten Überlebenden nichts zu futtern haben, können sie jedoch nichts – oder nur sehr, sehr langsam etwas – ausrichten. Mit einer Zuckerquelle aus Stärke samt Amylasen können diese Mikroben jedoch mit der Gärung beginnen und sich womöglich sogar etwas vermehren. Dabei muss nicht all zu viel CO2 entstehen, um den Unterdruck im Einmachglas aufzuheben. Und schon können weitere Mikroorganismen durch den undichten Verschluss eindringen, sich vermehren und im Einmachgut eine grosse Biochemie-Party schmeissen. Dabei entstehen dann noch mehr Stoffe, darunter noch mehr Gas, was den Verschluss um so undichter werden lässt…

Kurzum: Stärke mit Amylasen ist demnach nicht Voraussetzung für eine Gärung im Einmachglas, sondern beschleunigt sie „bloss“ um ein Vielfaches.

Wie kann man das Stärke- Desaster verhindern?

  • Stärke ohne Amylasen verwenden: Stärke ohne Enzyme gibt es sicher für den Laborbedarf, (bio-)synthetisch hergestellt oder entsprechend gereinigt. Für den Hausgebrauch in der Küche aber viel zu teuer.
  • Saucen und anderes erst nach dem Einkochen mit Mehl binden: Dem Einmachglas ist die Konsistenz der Speisen egal. Die können daher auch erst beim Wiederaufwärmen kurz vor dem Verzehr angedickt werden.
  • Mehl und Mehlspeisen so stark erhitzen, dass die Amylasen sicher denaturiert werden: Dazu sind Temperaturen von deutlich mehr als 100°C nötig! Gebackenes Brot oder Kuchen sind daher durch und durch amylasefrei – die werden im Ofen heiss genug. Auch bei der Herstellung von trockenen Teigwaren (Nudeln, Pasta) scheinen die Amylasen beseitigt zu werden. Und wer nicht auf eine Mehlschwitze zum Andicken verzichten will, kann diese in Pflanzenöl ansetzen. Öl wird in der Pfanne nämlich heisser als wasserhaltige Butter und kann so die nötigen Temperaturen erreichen.
  • Wirklich lange und gründlich einkochen: Die in der Literatur empfohlenen Kochzeiten mindestens einhalten! Dabei steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, möglichst viele Amylasen auszuschalten, sondern auch die Mikroben sterben zu einem grösseren Anteil ab. Der Nachteil: Je zerkochter die Mikroben werden, desto zerkochter wird auch das restliche Einmachgut.
  • Einen Dampfdrucktopf zum Einkochen verwenden: Unter steigendem Druck steigt auch der Siedepunkt von Wasser. Das Gargut wird damit heisser als im offenen Kochtopf. So gart es nicht nur schneller, sondern auch gründlicher: Die zur Denaturierung von Amylasen notwendige Temperatur kann so womöglich erreicht werden.

Wirklich sicher (und praktikabel) ist jedoch nur der zweite Vorschlag – auf Mehl, welches nicht gebacken wurde, beim Einkochen ganz zu verzichten.

Und welche Erfahrungen habt ihr beim Einkochen mit oder ohne Mehl schon gemacht? Wisst ihr bezüglich der Folgen des Vorhandenseins von Amylasen im Einmachgut mehr als ich?

Zeolithe: Wo die nützlichen Steine uns im Haushalt helfen

Zeolithe sind nicht nur im Haushalt äusserst nützlich. Auch als Nahrungsergänzungsmittel für Entgiftungskuren ist „Zeolith“ überaus populär. Da diese Anwendung dieser vielseitigen Stoffgruppe hier aber den Rahmen sprengen würde, kommt ein zweiter Artikel zu Zeolithen und Detox nächste Woche!

Was ist eigentlich in unserem Waschpulver drin? Diese Frage kam neulich beim Nachtessen mit der Schwiegermutter auf. Na klar: Seife. Oder in der Chemiker-Sprache: Tenside. Und über deren Super-Waschkraft habe ich hier ja schon geschrieben. Aber nachsehen schadet ja nichts, dachte ich. Und siehe da: Mein Universal-Waschpulver vom orangen M enthält nur 5-20% Tenside – und 15%-30% Zeolithe. Was ist das denn nun schon wieder?

Was sind Zeolithe?

Laut Definition im Chemiebuch oder auf Wikipedia sind Zeolithe eine Gruppe von „kristallinen Alumosilikaten“… mit anderen Worten: Steine. Und zwar Steine, welche die chemischen Elemente Silizium und Aluminium enthalten. Das ist an sich nichts besonders, sind Silizium und Aluminium doch das zweit- und dritthäufigste Element in der Erdkruste.

So hübsch sind Zeolithe selten: Natrolith aus meiner Mineraliensammlung – ein natürlicher Zeolith auf Basalt. Dieses Grundgestein hat Naturzeolithen auch die Bezeichnung als „natürliches Vulkangestein“ eingebracht.

Das Ionengitter der Zeolith-Kristalle, aus welchen diese Steine bestehen, ist allerdings ein ganz besonderes: Es enthält grosse Lücken, die den ganzen Kristall zu einem porösen Schwamm machen!

Wie sind Zeolith-Kristalle aufgebaut?

Die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe lautet:

Mn+x/n [(AlO2)x (SiO2)y. z H2O

Ein Schweizer Käse aus Si- und Al-Atomen

Der Inhalt der eckigen Klammer beschreibt das eigentliche Kristallgitter: Es besteht aus Silizium (Si)-, Aluminium (Al)- und Sauerstoff (O)-Atomen, wobei auf x Silizium-Atome stets y Aluminium-Atome kommen. Jedes dieser Atome ist mit vier Sauerstoffatomen verbunden (die wiederum werden dazu je zweimal verwendet, weshalb die Formel nur 2 Sauerstoff-Atome je Metallatom enthält). Anders eingeteilt besteht das Zeolith-Gitter somit einander überlappenden Sauerstoff-Tetraedern mit je einem Silizium- oder Aluminiumatom im Zentrum.

Molekülmodell: Tetraeder

Molekülmodell in Form eines Tetraeders: Die vier weissen Kugeln befinden sich in den vier Ecken dieses geometrischen Körpers, die pinke Kugel liegt in dessen Zentrum.

Wer sich ein etwas mit organischer Chemie auskennt (da sind es Kohlenstoff-Atome, die mit ihren Nachbarn Tetraeder bilden), weiss, dass man aus Tetraedern die vielfältigsten Gerüste bauen kann. Deshalb gibt es ein wahres Sammelsurium von Zeolithen:

60 natürlich vorkommende Mineralien gehören zu dieser Gruppe, über 150 weitere sind von Chemikern entworfen und künstlich hergestellt worden!

Sie alle haben eines gemeinsam: Ihre Gitter umfassen mehr oder weniger grosse Hohlräume – ein richtiger molekularer Schweizer Käse. In Waschmitteln findet man vor allem der synthetische Zeolith A, dessen Kristallgitter so aussieht:

Kristallgitter von Zeolith A

Jede Ecke in der Skizze steht für ein Silizium- oder Aluminium-Atom. Die Sauerstoff-Atome sind dazwischen entlang der Verbindungslinien angeordnet.

Grundbaustein der Zeolithe: Sodalith-Käfig mit Si-, Al- und O-Atomen
Ein Element des Zeolith-A-Gitters mit eingezeichneten Atomen

In der Mitte zwischen acht dieser Einheiten bleibt ein relativ grosses Loch, dessen Wände die Chemiker als alpha-Käfig“ bezeichnen.

Gitter des Zeolith A mit markiertem alpha-Käfig
Die Wände des Alpha-Käfigs in diesem Ausschnitt aus dem Zeolith-A-Gitter sind dunkel eingefärbt.

Im Zeolith A sind ebenso viele Silizium- wie Aluminium-Atome enthalten – die Verhältnisformel für diesen Zeolith lautet damit:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O

Zeolith-Kristalle sind Riesen-Anionen

Wenn ihr euch die allgemeine Verhältnisformel der Zeolithe oder die für Zeolith A genauer angesehen habt, ist euch vielleicht das „-“ an der Aluminium-Einheit aufgefallen. Richtig: Jeder Aluminium-Tetraeder im Gitter trägt eine negative elektrische Ladung. Damit ist das ganze Kristallgitter eines Zeoliths ein einziges riesiges und tausendfach geladenes Anion!

So etwas lässt die Natur aber nicht einfach frei und einsam existieren…entgegengesetze Ladungen müssen für den Ausgleich her. Hier kommen die positiven Metall-Ionen Mn+, die ganz links in der Verhältnisformel stehen, ins Spiel. Für jede negativ geladene Aluminium-Einheit muss ein einfach positiv geladenes (n = 1) Metall-Ion her. Wenn mehrfach positiv geladene (n > 1) Metall-Ionen zur Hand sind, ist die Anzahl x der Aluminium-Einheiten durch die Ladungszahl der Metall-Kationen zu teilen (x/n).

Zeolith A enthält einfach geladene Na+-Ionen – 12 davon für 12 Aluminium-Einheiten, die in den Lücken im Gitter Platz finden und sich locker um das negativ geladene Gerüst herum anordnen.

Zeolithe sind molekulare Schwämme

Ausserdem ist in den Lücken noch reichlich Platz für Wassermoleküle. Die finden sich ganz rechts in der Verhältnisformel wieder. Die Wassermoleküle umhüllen sowohl die Metall-Kationen als auch das Gitter selbst, was den Metallionen den Aufenthalt im Gitter erst richtig gemütlich macht (eine Wasserhülle (in Chemikersprache: „Hydrathülle“) um ein wasserlösliches Ion enthält weniger Energie als das Ion ohne Hülle, was den umhüllten Zustand erstrebenswerter macht).

Durch Erhitzen können diese Wassermoleküle jedoch zum Verdampfen gebracht werden und den Kristall verlassen. Das ist eine charakteristische Eigenschaft von sogenanntem „Kristallwasser“, das einer chemischen Formel mit einem „*“ bzw. Multiplikations-Punkt angehängt wird.

Auf eine Grundeinheit des Zeolith-A-Gitters kommen so normalerweise 27 Wassermoleküle.

Was hat die grosse Menge Zeolith A in Waschmitteln zu suchen?

Zeolithe können Wasser enthärten!

Die Hohlräume der Kristalle der Zeolithe enthalten von Wasser umhüllte Natrium-Ionen. Diese Ionen sind damit regelrecht im Kristallwasser gelöst. Das macht sie leicht darin beweglich. Tatsächlich können sie sich durch den ganzen Kristall und hinaus bewegen. Wenn sich nun andere Metall-Ionen finden, die es in einem Zeolith-Kristall noch behaglicher finden, können die Natrium-Ionen deshalb ganz leicht gegen solche ausgetauscht werden.

Und in unserem Leitungswasser, mit welchem wir unsere Wäsche waschen, finden sich solche Ionen zuhauf. Es ist schliesslich mehr oder weniger „hart“ – es enthält Kalk: Calciumcarbonat, genauer gesagt Calcium- (Ca2+) und Carbonat- (CO32-) Ionen.

[Für die Chemiker unter euch: Carbonat CO32- ist natürlich eine Base und reagiert mit Wasser zu Hydrogencarbonat- (HCO3) und Hydroxid-Ionen (OH) weiter, anstatt einfach gelöst zu werden. Aber das ist hier für einmal nicht von Bedeutung.]

Zusammen bilden diese beiden die gefürchteten Kalkbeläge, welche die Leitungen in unseren Waschmaschinen verstopfen und die Wäsche steif machen können. So etwas will keiner haben.

Wenn Zeolithe im Waschwasser sind, machen es sich die Calcium-Ionen jedoch lieber in den Hohlräumen des Zeolith-Gitters gemütlich und verdrängen dabei die Natrium-Ionen aus dem Zeolith A. Einen vollständigen Austausch von Natrium- gegen Calcium-Ionen könnte man so beschreiben:

Na12((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 6 Ca2+(aq) –> Ca6((AlO2)12(SiO2)12) · 27 H2O + 12 Na+(aq)

Nachdem die Calciumionen sich im Zeolith eingerichtet haben, bleiben im Wasser Natrium- und Carbonat-Ionen zurück. Und Natriumcarbonat (auch als „Soda“ bekannt) ist sehr gut wasserlöslich. So lagert es sich weder in der Maschine noch in der Wäsche ab und kann einfach fortgespült werden.

Das Gleiche geschieht mit dem Zeolith-Pulver. Das ist zwar nicht wasserlöslich, aber so fein gemahlen, dass es einfach mit weggeschwemmt wird.

Womit hat man früher Wasser enthärtet?

Künstliche Zeolithe wie Zeolith A kommen erst seit den späten 1970er Jahren in Waschmitteln zum Einsatz. Davor haben Gerüste aus Phosphor und Sauerstoff – also Phosphate – diese Aufgabe übernommen. Die Phosphat-Gerüste neigen allerdings dazu zu zerfallen, was sie zu ergiebigen Nährstoffen für Pflanzen macht.

Als solche Phosphate vermehrt mit Abwässern in die Umwelt gelangten, wurde das rasch zum Problem: Die Nährstoff-Schwemme führte zu Überdüngung und brachte viele ökologische Systeme aus dem Gleichgewicht. So wurden die Phosphate zunehmend durch Zeolithe ersetzt. Denn letztere sind schliesslich Steine – die taugen nicht als (unnötiger) Dünger.

Einen Haken haben Steine aber dennoch: Sie sind wasserunlöslich. Damit gelangt das ganze Zeolith-Pulver unverändert mit dem Abwasser in die Kläranlagen…und was gibt pulverisiertes Gestein in Wasser? Richtig: Schlamm. Und der sammelt sich in den Klärbecken. Seit Zeolithe in Waschmitteln zum Einsatz kommen, müssen Klärwerke deshalb mit merklich mehr Klärschlamm fertig werden – Grund genug, auch phosphatfreie (und zeolithhaltige) Waschmittel nicht in übertriebenen Mengen einzusetzen.

Zeolithe als Helferlein im Katzenklo

Habt ihr Katzen daheim? Dann kennt ihr Zeolithe wahrscheinlich auch von anderswo. Nämlich aus dem Zoohandel. Da wird nämlich gerne ein Naturzeolith (also ein natürlich vorkommendes Mineral) namens Klinoptilolith als Katzenstreu angeboten.

Die porösen Kristallgitter lassen sich nämlich nicht nur als Ionenaustauscher nutzen, sondern auch wie ein richtiger Schwamm! Das geht dann besonders gut, wenn der Zeolith etwa ebenso viele Silizium- wie Aluminiumatome enthält. Das synthetische Zeolith A ist ein gutes Beispiel dafür: Hier ist das Verhältnis zwischen Silizium und Aluminium 1:1. Aber auch Klinoptilolith mit 5:1 ist noch ein wunderbarer Schwamm.

Diese Zeolithe sind nämlich wahnsinnig heiss darauf, ihre Poren mit zusätzlichem Wasser aus ihrer Umgebung zu füllen (buchstäblich: Da es das Wasser in den Poren so bequem hat, wird eine Menge Energie, genannt „Adsorptionswärme“, dabei frei.

Doch damit nicht genug: Mit dem Wasser saugen sie auch vieles auf, was darin gelöst ist. Zum Beispiel Geruchsstoffe im Katzenurin. So werden die Nasen der menschlichen Dosenöffner geschont, während die Katze ihr Geschäft in natürlichem Gesteinsschutt verscharren kann.

Von Zeolith-Katzenstreu zu Pflanzenerde

Natürlicher Gesteinsschutt, der Wasser und überdies noch Nährstoffe (Urin, auch von Katzen, enthält naturgemäss Stickstoffverbindungen) speichert, kann zudem als Bestandteil von Pflanzenerde nützlich sein (andere formstabile Wasserspeicher sind „Superabsorber“ aus organischen Polymeren („Kunststoffen“), die ich in diesem Experiment als Ersatz für Pflanzenerde verwendet habe). Deshalb gilt Katzenstreu aus Naturzeolithen als geeignet für den Kompost.

Eigentlich sollte für synthetische Zeolithe dasselbe gelten – es handelt sich dabei schliesslich um Designer-Steine. Aber „natürlich“ hat nunmal die weitaus grössere Werbewirkung – und ist in diesem Fall überdies billiger. Naturzeolithe kommen nämlich nahe der Erdoberfläche vor und können im Tagebau gewonnen werden (mit allen Konsequenzen für die Landschaft). Das künstliche Nachstellen der Entstehung von Steinen – so werden synthetische Zeolithe gemacht – ist hingegen ziemlich aufwändig. Mehr zum Vergleich von natürlichen und synthetischen Zeolithen findet ihr hier.

Zeolith im Geschirrspüler

Die „Saugfähigkeit“ von Zeolithen wird seit einigen Jahren auch in der Küche genutzt. Hier kommt eine fest eingebaute Schale mit Zeolith-Pellets in der Spülmaschine zum Einsatz. Und zwar zur energiesparenden Trocknung.

Die Idee dahinter: Nach dem Spülgang ist das Maschineninnere samt Geschirr und Luft noch nass. Ein Ventilator bläst diese feuchte Luft durch den Behälter mit dem Zeolith, welcher das Wasser „aufsaugt“ und dabei eine grosse Menge (Adsorptions-)Wärme abgibt. Die Luft kommt also trocken und warm in den Geschirrspüler zurück und bringt dort weiteres Wasser zum Verdampfen, das anschliessend vom Zeolith aufgenommen werden kann.

Beim nächsten Spülgang wird dagegen der Zeolith geheizt, sodass das Wasser aus den Poren im Kristallgitter verdampft und in den Geschirrspüler zurückgeführt werden kann. So wird der Zeolith für die nächste Trocknung wieder einsatzbereit gemacht.

Das Ganze gilt als sehr energieeffizient – allerdings liest man im Netzt viele Berichte über Geschirrspüler Zeolith-Trocknung (zum Beispiel hier und hier), die bereits nach drei bis fünf Jahren reif für eine unwirtschaftlich teure Reparatur sind. Ob diese Berichte repräsentativ sind, kann ich natürlich nicht sagen – aber es scheint, als wäre diese Technologie noch ausbaufähig.

Schaden oder nützen Zeolithe der Gesundheit?

Mehr dazu gibt es nächste Woche im zweiten Teil über Zeolith für Detox-Kuren!

Und wo sind euch Zeolith bzw. Zeolithe bislang begegnet?


Popcorn : Was den Mais zum Ploppen bringt

Winterzeit ist Popcorn-Zeit! Lange, düstere Tage laden zum Gang ins Kino oder zu gemütlichen Stunden im Heimkino ein. Und zum Film gehört eines praktisch immer dazu: Popcorn. Um so passender ist die heutige Leserfrage:

Was passiert beim Popcornmachen?

Den beliebte Snack könnt ihr herstellen, indem ihr Maiskörner stark erhitzt – in der Pfanne, einer speziellen Popcornmaschine oder der Mikrowelle – bis die Körner regelrecht explodieren und dabei lustig durch ihren Behälter hüpfen. Um zu verstehen, was beim Popcornmachen geschieht, müsst ihr wissen, wie so ein Maiskorn aufgebaut ist.

So ist ein Maiskorn aufgebaut

Wie die meisten Pflanzensamen bestehen Maiskörner aus drei Teilen:

  • dem Embryo, einem winzigen, unscheinbaren „Anfang“ einer neuen Pflanze
  • dem Endosperm, einer weichen Masse, die um den Embryo herum das Innere des Samens ausfüllt und der ersten Ernährung des späteren Keimlings dient
  • der Schale, welche den Samen von aussen fest umschliesst
Querschnitt durch ein Samenkorn: a) Schale, b) Endosperm, c)+d) Embryo

Agnieszka Kwiecień ( Nova) [GFDL, CC BY-SA 3.0 or CC BY 2.5], from Wikimedia Commons

Für das Poppen des Popcorns zuständig ist vor allem das Endosperm. Das besteht zu grossen Teilen aus Stärke – einem Naturstoff, der aus beliebig langen kettenartigen Molekülen besteht. Diese Ketten sind durch Querstreben miteinander vernetzt, sodass sie einen regelrechten Molekül-Schwamm bilden.

Ausschnitt aus einem Stärkemolekül mit Verzweigung (Amylopektin)
Ausschnitt aus dem Stärke-Netzwerk im Endosperm: Stärke besteht aus sechseckigen Zuckermolekülen, die miteinander verkettet sind.

Und wie ein richtiger Schwamm ist dieser Molekül-Schwamm mit Wasser vollgesogen – und zwar mit flüssigem Wasser.

Damit das Ganze nicht auseinander fällt oder das Wasser verloren geht, ist das Maiskorn von einer harten, wasserundurchlässigen Schale umgeben.

Was passiert, wenn man Maiskörner erhitzt

Wenn ihr die Maiskörner erhitzt, beginnt das Wasser im Endosperm spätestens ab 100°C zu sieden: Es will verdampfen. Doch Wasserdampf ist (wie alle Gase) extrem raumfordernd: Der Dampf nimmt bei normalem Atmosphärendruck nämlich mehr als 1600 mal mehr Platz ein als flüssiges Wasser!

Allerdings ist die Schale der Maiskörner so steif, dass sich der Dampf in ihrem Innern nicht ausdehnen kann. Stattdessen steigt der Druck im Innern der Maiskörner, sodass weiteres Wasser vorerst nicht verdampfen kann. Erst bei etwa 200°C gibt die Schale schliesslich dem steigenden Druck nach und zerplatzt.

Damit kann das überhitzte Wasser nun schlagartig verdampfen und der Dampf dehnt sich explosionsartig aus. Dabei reisst er den durch die Hitze aufgeweichten Molekül-Schwamm des Endosperms regelrecht auseinander. Das Stärke-Gewebe kühlt dabei schnell ab und erstarrt. So entsteht ein steifes Molekül-Netzwerk, in dessen vergrösserten Zwischenräumen Luft eingeschlossen wird: Ein Popcorn.

Gepopptes Popcorn in zwei typischen Formen: Links ist die Schale in kleine Stücke zerplatzt und das Endosperm konnte sich relativ gleichmässig ausdehnen. Rechts ist die äussere Schicht des Endosperms vom Inneren abgeplatzt, die Schale des Maiskorns befindet sich auf der Rückseite.
Bunchofgrapes [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.5], from Wikimedia Commons

Wie bekommt der Mais Geschmack?

Beim Erhitzen bilden sich im Mais selbst bis zu 23 Aromen, die dem Popcorn den Geschmack und Geruch von geröstetem Getreide verleihen. Für den typischen Popcorn-Geschmack zum Beispiel sorgt 2-Acetyl-1-Pyrrolin (nach Chemiker-Regeln: 1-(3,4-Dihydro-2H-pyrrol-5-yl)ethanon).

Strukturformel des Popcorn-Aromas
2-Acetyl-1-Pyrrolin, das „Popcorn-Aroma“

Werden bei der Zubereitung Fett, Zucker oder/und Salz zum Mais gegeben, bleiben diese Stoffe ebenfalls auf der Oberfläche des Gewebes haften, gehen chemische Reaktionen ein und geben dem Popcorn Geschmack.

Kristallzucker wird bei 143°C bis 160°C zu Karamell, welches das fertige Popcorn als braun glänzende Schicht überzieht. Da bei höheren Temperaturen jedoch bittere Zuckercouleur entsteht, gebt den Zucker nicht zum Poppen mit dazu, sondern vermischt das frisch gepoppte Popcorn erst nachher mit frisch hergestelltem, warmem Karamell!

Funktioniert das mit allen Maiskörnern?

Nein. Damit der Mais bei haushaltstauglichen 200°C platzt, darf die Schale der Körner nicht zu dick sein. Eine ausreichend dünne und dennoch dichte Schale hat nur eine Maissorte: Der sogenannte „Puffmais“ (Zea mays ssp. mays convar. microsperma) wird als Popcornmais zum Selberpoppen verkauft.

Einige Körner Popcorn - Mais
Puffmais, auch als Popcorn-Mais bekannt: Die Körner haben eine dünnere, glasigere Schale als andere Maissorten

Wie funktioniert Popcorn in der Mikrowelle?

Ein gewöhnlicher Herd oder das Heizgerät einer Popcorn-Maschine werden warm und übertragen die Wärme direkt auf den Mais. Wärme ist dabei nichts anderes als die Bewegung (in Feststoffen: das Schwingen im festen Teilchengitter) von Teilchen: Die Teilchen in der heissen Herdplatte bewegen sich schnell, schubsen die Teilchen im Topf an, welche wiederum die Teilchen in den Maiskörnern anschubsen – darunter die Wassermoleküle. Und sobald die sich schnell genug bewegen, fangen sie an zu verdampfen.

So heizt ein Mikrowellenherd

Ein Mikrowellenherd gibt seine Energie direkt an Wasser ab – nicht durch Anschubsen von Teilchen wie auf der klassischen Herdplatte, sondern durch elektromagnetische Wellen. Die Wellenlänge dieser Wellen ist genau so gewählt (und liegt im Mikrowellenbereich, deshalb heisst der Herd so), dass sie Wassermoleküle (und weitgehend nur die) in Bewegung versetzen können. Und bewegte Wassermoleküle sind warm.

Unsere Speisen bestehen zu grossen Teilen aus Wasser, welches durch die Mikrowellen erwärmt wird und alle anderen Moleküle in ihrer Umgebung anschubst. So werden die Speisen warm – die Teile des Tellers, die nicht mit Wasser in Kontakt sind, aber nicht.

Popcorn in der Mikrowelle

Beim Popcorn bewirken die Mikrowellen das gleiche wie die Wärmeübertragung durch einen Herd: Wassermoleküle werden in Bewegung versetzt (und damit heiss), bis sie verdampfen wollen. Und wenn der so entstehende Druck in den Maiskörnern hoch genug wird, platzen die Körner auf.

Weil die bis um 200°C erreicht werden können, sind nicht alle Kunststoffbehälter zum Popcornmachen in der Mikrowelle geeignet. Viele Kunststoffe „schmelzen“ schon ab 150°C! Deshalb sind Mikrowellenschüsseln aus Keramik oder Glas die besser Wahl.

Wie entsteht buntes Popcorn?

Manche Hersteller färben ihr Popcorn mit knallbunten Farben ein, um dann zum Beispiel bunte Spielzeugbehälter zu füllen. Dazu verwenden sie verschiedene Lebensmittelfarbstoffe (die z.B. auch in Ostereierfarben zum Einsatz kommen).

Wenn ihr das nachmachen möchtet: Färbt euer Popcorn erst nach dem Poppen und Abkühlen! Die üblichen Lebensmittelfarbstoff-Moleküle gehen nämlich schon ab etwa 150°C kaputt und verlieren so ihre Farbe! Das musste ich feststellen, als ich versucht habe, gefärbte DIY-Knete auszubacken.

Popcorn als nachhaltiges Verpackungsmaterial

Ohne Fett und Zucker gepopptes Popcorn kann übrigens wie Styroporflocken als Stossschutz- und Isoliermaterial in Verpackungen verwendet werden. Es ist schliesslich fast genauso leicht wie Styropor, besteht im Unterschied dazu aber aus einem nachwachsenden Rohstoff (Styropor hingegen ist ein Erdölprodukt).

Nach dem Transport des Verpackungsinhalts kann es als Vogelfutter verwendet oder kompostiert (und vielleicht für den Maisanbau wiederverwendet?) werden.

Ich vernasche mein Popcorn allerdings am liebsten – karamellisiert oder mit Karamell und Salz (!), wie wir es während unserer Australienreise im Supermarkt erstanden und ständig mit im Auto hatten.

Und wie mögt ihr euer Popcorn am liebsten?

Glasreiniger - Streifenfrei auch ohne Ammoniak

Die spannenden Antworten, die ich einer Leserin zur Wirkweise von WC-Reinigern gab, haben eine weitere Verfolgerin dazu bewegt, auch gleich nach der Funktion eines anderen Putzmittels zu fragen: Wie funktioniert ein Glasreiniger?

Wenn wir sauber machen, benutzen wird fast überall Seifen – denn die Superwaschkraft der Tenside darin ist einfach unschlagbar. Beinahe jedenfalls. Doch wer schon einmal Fenster geputzt hat, kennt ein leidiges Phänomen: Streifen an den Scheiben. Die entstehen entweder aus nicht gänzlich entferntem Schmutz – oder sind ein Souvenir, das die oberflächenliebenden Tenside uns hinterlassen.

Deshalb scheinen Glasreiniger anders zu funktionieren als gewöhnliche Seife, die man nach der Verwendung gründlich abwaschen muss: Einmal rasch aufgesprüht lösen sie den Schmutz ratzfatz, und nach dem Abwischen verschwinden die verbleibenden Streifen innerhalb von Sekunden. Was aber macht Glasreiniger so besonders?

 

Was im Glasreiniger drin ist

Wer Glas streifenfrei reinigen möchte, braucht eine Substanz, die sowohl ein Talent zum Schmutzlösen hat, als auch leicht und rückstandslos entfernbar ist. Deshalb enthalten Glasreiniger in der Regel

  • Organische Lösungsmittel: Ethanol oder/und andere Alkohole mit ähnlichen Eigenschaften. Organische Lösungsmittel können, was ihr Name verspricht: In ihnen lösen sich viele Stoffe leicht auf, die sich in Wasser weniger leicht lösen. Alkohole aus kleinen Molekülen lassen sich trotzdem leicht mit Wasser mischen, sodass man gemeinsam mit Wasser verwenden kann. Dabei setzen Alkohole die Oberflächenspannung von Wasser herab, sodass nicht nur sie selbst, sondern auch das Wasser schnell verdunsten kann: Flüssigkeitsreste verschwinden schnell vom Glas.
  • Wenig oder gar keine Seife: Die würde ja Streifen hinterlassen. Deshalb wird in Glasreinigern weitgehend darauf verzichtet.
  • Duftstoffe
  • Konservierungsmittel
  • Farbstoffe
  • Manche Glasreiniger enthalten zudem Ammoniak, dem eine zusätzliche Reinigungskraft zugeschrieben wird.

 

Alkohole sind umweltfreundlicher als Seifen

Organische Lösungsmittel haben vielerorts ein anrüchiges Image – aber keine Panik: Diese Stoffe sind nicht immer so schlimm, wie ihnen nachgesagt wird. Das gilt ganz besonders für Ethanol – den uns wohlbekannten Trink-Alkohol – und seine Verwandten. Die sind nämlich viel umweltverträglicher als viele Tenside in Seifen!

Als natürlicher Bestandteil vieler lebender Systeme (viele Kleinlebewesen stellen im Zuge der alkoholischen Gärung Ethanol selbst her und noch mehr – uns Menschen eingeschlossen – können ihn verstoffwechseln) ist Ethanol, anders als viele Tenside, leicht biologisch abbaubar.

In hoher Konzentration verursacht Ethanol allerdings nicht nur uns einen Kater oder schlimmeres, sondern ist auch für viele Kleinstlebewesen tödlich – was ihn zu einem beliebten Desinfektionsmittel macht. So sollten Glasreiniger auf Ethanol-Basis ohne weitere Konservierungsmittel auskommen können.

Denn die Duftstoffe und Konservierungsmittel in vielen Glasreinigern sind die gleichen zweischneidigen Schwerter wie in anderen Reinigungsmitteln, sodass mit solchen Zusätzen auch ein Glasreiniger nicht pauschal als „vollkommen harmlos“ angesehen werden kann.

 

Warum Duftstoffe bedenklich sind

Duftstoffe leisten keinen direkten Beitrag zur Funktion des Reinigungsmittels: Sie reinigen nicht. Stattdessen sollen sie dem Produkt einen angenehmen Duft verleihen, welcher dem Konsumenten vermitteln soll, dass die Anwendung ungefährlich, angenehm, mit Sauberkeit und „Frische“ und damit mit Gesundheit verbunden ist. Im „schlimmsten“ Fall werden dabei sogar unangenehme Gerüche überdeckt, die andernfalls dem Körper als (lebens-)wichtige Warnung dienen: Ich stinke, also bin ich ungesund.

In Reinigungs- und anderen Produkten ist eine Vielzahl verschiedener Duftstoffe im Einsatz, die – praktisch alle körperfremd – auch gleich eine Vielzahl möglicher Allergieauslöser darstellen. Und das gilt für „naturnahe“ bzw. natürliche ätherische Öle ebenso wie für Molekül-Kreationen aus dem Labor, wie ich hier näher erläutert habe.

Ebenso besonderes Augenmerk verdienen Konservierungsmittel: Die können nicht nur ebenso Allergien auslösen wie Duftstoffe. Sie sind überdies dem Leben nicht zuträglich – zwangsweise, denn sie sollen ja verschiedenste Kleinstlebewesen daran hindern, in unseren angebrochenen Putzmittel-Flaschen zu hausen und zu gedeihen. Das Problem dabei ist, dass viele solcher „Biozide“ – lebensvernichtende Stoffe – auch für menschliche Zellen giftig sind.

Wenn wir Reinigungsmittel in normalem Umfang dafür benutzen, wozu sie gedacht sind, werden wir kaum eine gefährliche Dosis solcher Konservierungsmittel abbekommen. Die Dämpfe solcher Produkte einzuatmen empfiehlt sich trotzdem nicht. Denn was für die Vernichtung unliebsamer Kleinstlebewesen geschaffen ist, wird auch vor den unverzichtbaren Bewohnern unserer Haut und Schleimhäute nicht Halt machen. Wer viel putzen muss, ist deshalb nicht nur möglicher Allergien wegen mit Handschuhen gut bedient.

 

Ammoniak – Warum dieser Inhaltsstoff die Geister scheidet

Manche Glasreiniger enthalten neben Alkoholen oder anderen Reinigungskünstlern Ammoniak (der gern auch als „Salmiak“ umschrieben wird). Ammoniak, NH3, ist ein Gas, das sich sehr gut in Wasser löst. Die wässrige Lösung, heute Ammoniak-Wasser genannt, war vor allem früher als Salmiakgeist bekannt.

Ammoniak ist eine Base: Beim Lösen in Wasser kann ein Ammoniak-Molekül ein H+-Ion von einem Wassermolekül aufnehmen („aq“ im Index deutet an, dass das betreffende Teilchen in Wasser gelöst ist):

Unter den alten Sammelbegriff „Salmiak“ fallen deshalb auch die Salze des Ammonium-Ions NH4+, wie sie zum Beispiel in Salmiakpastillen vorkommen! Anders als Ammoniak sind Ammoniumsalze, wenn man sie in Wasser löst, jedoch sehr schwache Säuren (das Ammonium-Ion muss schliesslich ein H+-Ion abgeben, damit daraus Ammoniak entstehen kann) – haben also ganz andere Eigenschaften!

In einer Ammoniak-Lösung liegen stets Ammoniak-Moleküle und Ammonium-Ionen zugleich vor: Ammoniak ist eine relativ schwache Base. Das bedeutet aber auch, dass sich stets gelöste Ammoniak-Moleküle im Gleichgewicht mit gasförmigem Ammoniak befinden.

Diese Moleküle können wir riechen, sodass eine Ammoniak-Lösung durch ihren mehr oder weniger stechenden Geruch auffällt.

Eine Base als Reinigungsmittel

Die Basizität ist wohl auch der Grund für die „reinigungsverstärkende“ Wirkung des Ammoniaks. Denn die Gegenwart von Basen, genauer gesagt OH-Ionen, führt dazu, dass verschiedene grössere Biomoleküle leicht in kleinere, einfach abwaschbare Bruchstücke zerfallen. Fette beispielsweise sind mittelgrosse, wasserunlösliche Moleküle, die zu den Estern gehören und deshalb in Gegenwart von Basen gespalten werden. Die Bruchstücke – Glycerin und Fettsäuren – lassen sich leicht mit Wasser oder Ethanol aufnehmen. Auch Eiweisse, d.h. Proteine, werden in Gegenwart von Basen leicht hydrolysiert, also in Bruchstücke bis hin zu ihren Aminosäuren zerlegt.

Das Problem: Ammoniak ist giftig

  • Wie alle stärkeren Säuren und Basen wirkt Ammoniak ätzend – auch auf unsere Schleimhäute – und kann, wenn es eingeatmet wird, im schlimmsten Fall ein Lungenödem verursachen.
  • Ammoniak ist ausserdem ein Nervengift, das je nach Konzentration zu neurologischen Ausfällen, Koma und Tod führen kann.
  • Da es sich um ein Gas handelt, das aus der wässrigen Lösung leicht flüchtig ist und sich im Wasser auf unseren Schleimhäuten erneut lösen kann, ist Ammoniak schwer unter Kontrolle zu halten.
  • Ammoniak ist sehr giftig für Wasserorganismen: In natürlichen Gewässern sind praktisch immer Ammoniumionen zugegen (denn die Lebewesen darin scheiden sie als Stoffwechselabfall aus). Wenn eine Base wie Ammoniak-Lösung da hinein gerät, wird der pH-Wert angehoben (d.h. es gibt vermehrt OH -Ionen und damit wenig H+-Ionen im Wasser). Gemäss Le Chateliers Prinzip des kleinsten Zwangs wird dadurch das Gleichgewicht zwischen Ammonium-Ionen und Ammoniak, das natürlicherweise weit auf der Seite von NH4+ liegt, auf die Seite von NH3 – Ammoniak – geschoben:
  • Und Ammoniak ist auch für viele Wasserlebewesen bis hin zu Fischen giftig – ganz davon abgesehen, dass sich die meisten Lebewesen bei einem erhöhten pH-Wert ohnehin nicht wohlfühlen werden.

Es gibt also genug Gründe, um auf Ammoniak in Reinigungsmitteln zu verzichten.

 

Wie du dem Ammoniak aus dem Weg gehen kannst

Das ist eigentlich ganz leicht: Ammoniak hat einen extrem unangenehmen, stechenden Geruch – wenn du einem solchen begegnest, hör auf das Fluchtsignal deines Körpers und gehe auf Abstand.

Ich habe mal vielleicht 100-200 Milliliter konzentrierte Ammoniak-Lösung in einem Labor-Abzug (einem per Schiebetür verschliessbaren Kleinraum mit eingebauter „Dunstabzugshaube“) verschüttet. Ich musste mich selbst bewusst am Weglaufen hindern und stattdessen den Abzug schliessen, um das Gas an der Ausbreitung zu hindern, bevor ich das Zeug ordnungsgemäss entsorgen konnte!)

Das heisst: Wenn du zur Zeit einen Glasreiniger mit Ammoniak verwendest:

  • Atme den Sprühnebel bzw. die Dämpfe möglichst nicht ein (auch möglicher Duft- und Konservierungsstoffe wegen)-
  • Brauche den Glasreiniger auf. Das ist meiner Meinung nach sinnvoller als Wegwerfen – es sei denn, das Mittel bereitet dir schon gesundheitliche Probleme wie beispielsweise eine Allergie. Dann bringe die Reste zur Sondermüll-Entsorgung: Ammoniak darf nicht ins Abwasser gelangen!

Wenn du einen neuen Glasreiniger kaufen möchtest:

  • Achte darauf, dass der neue keinen Ammoniak (Ammoniak-Wasser, Salmiak, Salmiakgeist,…) enthält.
  • Achte ebenso darauf, dass Stoffe, die dir bereits Allergien auslösen, nicht enthalten sind.
  • Am empfehlenswertesten ist ein Glasreiniger auf Alkohol-Basis (Spiritus-Reiniger).

Glas reinigen mit Hausmitteln

Statt einem Glasreiniger aus dem Supermarkt kannst du auch einfach Brennsprit (Spiritus) in eine Zerstäuberflasche füllen und zum Reinigen verwenden. Statt – wie oft genannt – Zeitungspapier solltest du dabei aber ein Mikrofasertuch zum Wischen verwenden. Das fusselt ebenso wenig und enthält keine Druckerschwärze, die abfärben könnte.

Beim Umgang mit Brennsprit bzw. Spiritus und anderen organischen Lösungsmitteln gilt ausserdem: Kein offenes Feuer in ihre Nähe bringen! Diese Substanzen gehen sehr leicht in Flammen auf: Rauchen oder brennende Kerzen sind beim Fensterputz daher tabu!

Ausserdem gilt auch hier: Dämpfe nicht einatmen – die können benommen oder zumindest Kopfschmerzen machen!

Überdies sind dem Brennsprit aus dem Supermarkt Spuren sehr unangenehm riechender und schmeckender Substanzen wie Denatonium (dem bittersten bekannten Stoff der Welt) oder Butanon (Methylethylketon, MEK) beigemengt. Mit anderen Worten: Der Ethanol ist vergällt. Das lässt vermutlich die meisten Menschen nicht nur Abstand davon nehmen, den Sprit zu trinken um die Alkoholsteuer zu umgehen, sondern auch davon, daran zu schnüffeln. Ich zumindest empfinde den Geruch meines Brennsprits als viel unangenehmer als jenen des wirklich reinen Labor-Ethanols. Somit ergibt sich das „nicht einatmen“ mehr oder weniger von selbst.

 

Wie ich meine Scheiben praktisch streifenfrei sauber bekomme

Ich verwende, der vermutlich vorwiegend aus Alkoholen besteht und keinen Ammoniak enthält (Ausser den Duft- und Konservierungsstoffen sind die Inhaltsstoffe nicht auf der Flasche angegeben. Der pH-Wert ist allerdings laut pH-Streifen neutral (und nicht basisch wie in Gegenwart von Ammoniak) und die Farbstoffe aus dem pH-Streifen lösen sich schnell in der Flüssigkeit (viele wasserunlösliche Farbstoffe lösen sich leicht in organischen Lösungsmitteln). Da der Reiniger beim Aufsprühen leicht schäumt, könnte überdies ein kleiner Anteil Seife enthalten sein).

  • Stark verschmutzte Aussenscheiben besprühe ich mit etwas Glasreiniger und rubble sie gründlich mit einem triefnassen Schwamm ab.
  • Das Alkohol-Wasser-Gemisch ziehe ich dann gründlich mit einem Gummi-Abzieher ab. Ein betagtes, einfaches Markenprodukt leistet mir dabei bessere Dienste als sein No-Name-Gegenstück aus Studentenzeiten.
  • Ganz wichtig: Den Abzieher wische ich nach jedem Zug über die Scheibe kurz an einem Tuch ab, sodass kein Wasser/Reiniger mehr daran klebt, das/der tropfen könnte!
  • Falls doch noch Streifen bleiben, poliere ich mit einem trockenen Mikrofasertuch kurz nach.

Und wie putzt ihr eure Fenster? Welche Glasreiniger verwendet ihr? Und wie wichtig ist euch die Zusatz-Reinigungskraft von Ammoniak?

Mit Aluminium gegen Flugrost?

Als ich die Spülmaschine ausräumte, fiel mir ein, dass wir früher mal ein Stück Alufolie mit hineingetan haben, um den Flugrost zu minimieren bzw. “zu fangen”. Kennst du das bzw. macht das Sinn?

Diese Frage hat nicht nur ein Keinsteins-Kiste-Leser. Sie tauchte zudem vor knapp 2 Wochen zur Prime-Time im Fernsehen auf, als ein Erfinder den Investoren in der „Höhle der Löwen“ einen Flugrost-Fänger für die Spülmaschine vorstellte, der nach dem gleichen Prinzip funktionieren soll.

Deshalb gewähre ich euch hier einen Einblick in die Chemie dahinter (denn Chemie ist überall und alles ist Chemie – das gilt auch für dieses Gadget, wie Ole von Bananabond bereits festgestellt hat). Und ich verrate euch ein „Hausmittel“, das den gleichen Zweck erfüllt – und eine Möglichkeit zur Vorbeugung von Flugrost, die das eine wie das andere unnötig machen kann!

 

Was ist Flugrost?

Rost mit einer chemischen Formel zu beschreiben ist längst nicht so einfach wie bei vielen anderen Stoffen. Das liegt daran, dass Rost nicht einfach „ein Stoff“ ist, sondern sich gleich aus mehreren zusammensetzt.

Rost als Stoffgemisch

Eine chemische Formel für Rost, die dieses Stoffgemisch zu beschreiben sucht, lautet:

In Worten: Rost ist ein wasserhaltiges Gemisch aus verschiedenen Eisenoxiden.

Diese Eisenoxide sind Salze. Das heisst, sie bestehen aus Eisen- (Fe2+ bzw. Fe3+ )Ionen und Oxid-(O2-)-Ionen, also elektrisch geladenen Atomen der Elemente Eisen und Sauerstoff. Solche Ionen entstehen, wenn ungeladene Atome der jeweiligen Elemente Elektronen abgeben bzw. aufnehmen – also eine chemische Reaktion eingehen.

Chemische Reaktionen, bei welchen in dieser Weise Elektronen weitergegeben werden, nennt man Redox-Reaktionen. Das Abgeben von Elektronen wird dabei Oxidation genannt, das Aufnehmen von Elektronen heisst Reduktion.

Bei der Entstehung von Rost geben Eisen-Atome Elektronen ab, die letztlich von Sauerstoff-Atomen aufgenommen werden. Wie das genau vor sich geht, könnt ihr in meinem Artikel über Rost nachlesen.

Damit Rost entsteht, braucht es also Eisen-Atome, die Elektronen abgeben können, und Sauerstoff-Atome, die die Elektronen aufnehmen. Ausserdem werden für die erfolgreiche Elektronen-Übergabe in diesem Fall Wasser-Moleküle benötigt.

Wie der Rost das Fliegen lernt

Die Eisen-Atome können dabei Teile eines massiven Stücks Metall sein oder winzige, frei bewegliche Staubpartikel bilden. Staubpartikel haben im Vergleich mit einem Metallstück sehr viel mehr Oberfläche, die mit Sauerstoff und Wasser in Kontakt kommen kann. So werden sie besonders leicht oxidiert – und die entstehenden Eisenoxid-Partikel setzen sich gern auf anderen Metalloberflächen – selbst „rostfreiem“ Stahl – ab: Es scheint, als komme der Rost „angeflogen“.

Da der Flugrost sich von aussen absetzt, lassen sich diese Flecken leicht abwischen. Lästig ist das aber allemal, und wirklich schön sieht das Ganze meist nicht aus.

 

Wie kann man die Flugrost-Entstehung verhindern?

Für eine Redox-Reaktion braucht es immer zwei Partner: Einen, der Elektronen abgibt, und einen, der sie aufnimmt. Dabei ist jedem Stoff ein ganz „persönliches“ Bestreben, Elektronen abzugeben oder aufzunehmen – das sogenannte Redox-Potential – zu eigen. Und nur, wenn diese beiden Partner zueinander passen – der eine also lieber Elektronen aufnimmt als der andere (der lieber welche abgibt) – kann eine Redox-Reaktion stattfinden.

Bei der Rost-Entstehung ist es der Sauerstoff, der sehr danach strebt, Elektronen aufzunehmen, und nur auf einen Reaktionspartner wartet, welcher ihm Elektronen überlässt. Was also, wenn sich ein Reaktionspartner findet, der leichter Elektronen abgibt als Eisen? Genau: Dann holt sich der Sauerstoff seine Elektronen dort! Denn die Natur ist einmal mehr sehr bequem.

Ersatz für Eisen als Elektronen-Spender

Ein solcher Stoff, der in unserem Alltag verbreitet ist, ist das Metall Aluminium (andere Kandidaten sind zum Beispiel Magnesium oder Zink). Aluminium gibt so leicht Elektronen ab, dass es an feuchter Luft eigentlich kaum beständig ist, sondern rasch zu Aluminiumoxid bzw. Aluminiumhydroxid reagiert.

Dass wir trotzdem Aluminiumwerkstücke herstellen und an normaler Luft verwenden können, haben wir dem Umstand zu verdanken, dass eine oxidierte Aluminium-Oberfläche (anders als eine Eisen-Oberfläche) so dicht mit Ionen bedeckt ist, dass die ungeladenen Aluminium-Atome darunter unter normalen Umständen gar nicht mit weiterem Sauerstoff in Kontakt kommen. So können keine weiteren Elektronen übergeben werden – und das Metall-Stück bleibt intakt.

In einer laufenden Spülmaschine sind die Umstände allerdings alles andere als normal: Es ist nass, es ist warm, und Luft-Sauerstoff ist auch noch da. Ausserdem können die Inhaltsstoffe im Spülmittel die Umstände weiter beeinflussen. So ist Aluminium-Metall in der Spülmaschine in der Lage, Eisenstaub beim Liefern von Elektronen an Sauerstoff zuvor zu kommen. Anstelle von Eisen wird also Aluminium oxidiert. Die dabei entstehenden Salze sind farblos (also „weiss“) – nicht rostrot – und setzen sich weniger leicht auf Stahloberflächen ab. So entstehen keine rostroten Partikel, die unangenehm auffallen könnten.

Ohne Opfer geht es nicht

Der Haken daran: Die Aluminium-Atome, die durch die Abgabe von Elektronen zu Aluminium-Ionen werden, sind für die weitere Flugrost-Abwehr verloren. Überdies werden die Aluminium-Salze früher oder später mit dem Abwasser fortgespült.

Ein Aluminium-Metallstück in der Spülmaschine wird also immer weiter schrumpfen und irgendwann verbraucht sein. Deshalb wird solch ein Metallstück unter (Elektro-)Chemikern auch als Opfer-Anode bezeichnet: Es wird zum Schutze anderer Materialien vor der Sauerstoff-Korrosion geopfert.

 

Hausmittel zum Flugrost-fangen

Es ist nicht unbedingt nötig, eigens Aluminium-Rostfänger zu kaufen. Denn das Metall findet ihr auch anderswo im Haushalt. Ein locker zu einem Ball gerolltes Stück Aluminiumfolie (zum Abdecken von Lebensmitteln) erfüllt zum Beispiel den selben Zweck. Da seine Oberfläche viel grösser ist als die eines massiven Metallblocks, dürfte sie sogar noch effektiver sein – allerdings auch noch schneller verbraucht werden.

Eine weitere Möglichkeit haben mein Mann und ich zu Anfang unseres gemeinsamen Lebens eher ungewollt angewendet, indem wir unseren Sparschäler mit Aluminiumgriff mit in die Maschine getan haben. Der betätigt sich nämlich auch als Opfer-Anode – geht allerdings früher oder später dabei drauf.

Sparschäler passiviert und nach einigen Maschinen-Spülgängen korrodiert

Links: Sparschäler wie neu – wird von Hand abgewaschen: das Metall ist matt, aber inakt; Rechts: Sparschäler nach einigen Spülgängen in der Maschine: die Oberfläche ist sichtlich angegriffen

Aber ob Folie, Sparschäler oder kommerzieller Rostfänger: Die Herstellung von Aluminium-Metall kostet grosse Mengen an Energie und ist nicht gerade das, was viele als „umweltschonend“ bezeichnen (Ole „Bananabond“ geht genauer darauf ein). Und wer sich Gedanken über Aluminium-Salze in Deodorants macht, sollte sich ebenso Gedanken über Aluminium-Salze im Spül-Abwasser machen. Deshalb tut ihr gut daran, euch zu überlegen, ob ihr einen Flugrost-Fänger wirklich braucht.

 

Flugrost vorbeugen

Ich selbst hatte nämlich nur so lange mit Flugrost in der Spülmaschine zu tun, wie ich die scharfen Schneidemesser in der Maschine mitgewaschen habe.

Die heute in der Küche gängigen Stähle sind nämlich durch Mischung der Eisen-Atome mit Chrom und anderen Elementen so hart geschaffen und glatt verarbeitet, dass sie weder am Stück rosten noch abgeschliffen werden. So können erst gar keine Eisenstaub-Partikel, die rosten könnten, entstehen.

Einzig die scharfen Messer bilden offensichtlich eine Ausnahme: Eine geschliffene Messerklinge läuft an der Kante so dünn zusammen, dass das Atomgemisch, aus dem der Stahl besteht, Luft und Wasser ganz besonders ausgesetzt ist. So können sich dort offenbar doch Eisen-Atome herauslösen und Flugrost bilden.

Seit ich die scharfen Messer – ebenso wie die Alu-Sparschäler – mit der Hand abwasche, habe ich jedenfalls keinen Flugrost mehr an meinem Edelstahl-Besteck (ich verwende „All-in-One“-Spülmaschinentabs von wechselnden Herstellern).

Und habt ihr schon Flugrost in der Spülmaschine beobachten können?

Javel-Wasser : Chlorbleiche!

Was ist Javel-Wasser?

Javel-Wasser oder Eau de Javel ist der volkstümliche Name für eine Lösung des Salzes Kaliumhypochlorit (KClO) oder Natriumhypochlorit (NaClO) in Wasser. Benannt ist die Lösung nach ihrem ersten Herstellungsort Javel (früher Javelle) bei Paris in Frankreich. Ein anderer volkstümlicher Name für die gleiche Lösung ist Eau de Labarraque – nach ihrem Erfinder. Der chemische Name sowie der stechende Geruch der Lösung lassen es schon vermuten: Das Element, das dem Javel-Wasser seinen Charakter gibt, ist Chlor.

Natriumhypochlorit und Kaliumhypochlorit werden in Wasser in ihre Einzelionen zerlegt:

Welche Metall-Ionen – Natrium oder Kalium – enthalten sind, macht hinsichtlich der chemischen Eigenschaften und damit der Gefährlichkeit der Lösung keinen Unterschied. Auf das Hypochlorit-Ion ClO kommt es an: Es ist eine merklich starke Base, d.h. es kann ein H+-Ion aus einem anderen Teilchen aufnehmen – zum Beispiel aus Wasser:

Die dabei entstehende hypochlorige Säure HClO ist ein Oxidationsmittel, das mit vielen anderen Verbindungen reagiert, indem es ihnen Elektronen „wegnimmt“.

 

Was kann man damit machen?

Fette und Proteine („Eiweisse“) sind grosse, sperrige Moleküle, die sich zu oft wasserunlöslichen Flecken zusammenrotten. Wenn sie allerdings mit Basen in Berührung kommen, werden sie leicht gespalten und können in Bruchstücken ausgewaschen werden. Die zerstörerische Wirkung auf Proteine trägt ausserdem dazu bei, dass Javel-Wasser desinfizierend wirkt: Es macht Bakterien, Viren und Pilzen effektiv den Garaus.

Das nutzen nicht nur Schwimmbad- und Pool-Besitzer, die in Natriumhypochlorit einen zahmeren Ersatz für das giftige Chlor-Gas zur Desinfektion ihrer Becken gefunden haben, sondern auch der Zahnarzt, der im Zuge einer Wurzelbehandlung gerne Hypochlorit-Lösung als Bakterienkiller in den ausgeräumten Wurzelkanal gibt, wie mein Zahn 16 aus eigener Erfahrung weiss.

Zudem verlieren viele organische Stoffe ihre Farbe, wenn sie oxidiert werden, sodass Oxidationsmittel als Bleichmittel eingesetzt werden können.

Da ist es kein Wunder, dass ein basisches, bleichendes und desinfizierendes Reinigungsmittel sich grosser Beliebtheit erfreut. In Schweizer Supermärkten findet man Javel-Wasser für wenig Geld in fast jedem Reinigungsmittelregal.

 

Schadet Javel-Wasser der Gesundheit?

Bei falscher Anwendung ja – wie eigentlich alle Stoffe, die wir kennen. Darüber hinaus haben alle reaktionsfreudigen Stoffe wie Hypochlorit den Haken, dass sie nicht wählerisch sind. Das heisst, Basen können alle Fette und Proteine zerlegen – auch diejenigen, aus welchen unsere Körper bestehen – und Oxidationsmittel oxidieren alles, was ihnen in die Quere kommt und sich oxidieren lässt – auch uns. Ebenso wenig macht es vor den nützlichen Mikroorganismen halt, die sich auf unserer Haut tummeln.

Mit anderen Worten: Javel-Wasser wirkt ätzend. Deshalb sind Behälter mit der Lösung mit dem Hinweis „Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden.“ beschriftet.

Wenn ihr mit Javel-Wasser umgehen müsst, tragt dabei unbedingt Putzhandschuhe und bestenfalls eine (Schutz-)Brille – und gebt acht, dass ihr die Dämpfe nicht einatmet! Auch und gerade die Schleimhäute der Atemwege sind anfällig für Reizungen und gefährliche Verätzungen!

Wenn ihr trotz aller Vorsicht etwas Javel-Wasser auf die Haut bekommt, spült es gründlich – ruhige mehrere Minuten lang – unter fliessendem Wasser ab. Einen Spritzer in die Augen spült noch gründlicher aus – mindestens 10 Minuten lang sagen die Labor-Sicherheitsexperten – und geht danach sicherheitshalber gleich zum Augenarzt. Das gleiche gilt, wenn ihr nach dem Einatmen der Dämpfe Beschwerden habt: Sprecht mit eurem Arzt oder der Giftnotrufzentrale (Schweiz: 145, Deutschland: Ortsvorwahl + 19240, Österreich: 01 / 406 43 43).

 

Schadet es der Umwelt?

Wie schon erwähnt sind Oxidationsmittel auch als Mikrobenkiller nicht wählerisch. So sind Kalium- und Natriumhypochlorit je nach Konzentration sehr giftig für Wasserorganismen. Das Javel-Wasser aus dem Putzmittel-Regal im hiesigen Supermarkt enthält weniger als 5% Hypochlorit („Chlorbleiche“), womit es nicht mit dem GHS-Symbol für „umweltgefährlich“ gekennzeichnet werden muss, sondern mit dem allgemeinen Gefahrensymbol auskommt.

Nichts desto trotz bin ich nachdenklich geworden, als ich auf der Verpackung Toilettenreinigung und Maschinenwäsche als mögliche Anwendungsbereiche aufgeführt gefunden habe. Denn wenn zahllose Menschen kleine Mengen solcher Substanzen in den Wasserkreislauf befördern, kommt letztlich einiges zusammen, welche Klein- und Kleinstlebewesen uns sicher nicht danken werden. Ich kann mir die Zulassung als Reinigungsmittel nur so erklären, dass Abwässer aus Toiletten und Waschmaschinen hierzulande praktisch immer durch ein Klärwerk gehen, das mit Chlorverbindungen aufräumt, bevor es irgendwo anders hingeleitet wird.

Trotzdem: Gebt grössere Mengen Javel-Wasser oder andere Produkte, die Hypochlorit enthalten (zum Beispiel solche zur Poolreinigung) nicht in den Ausguss oder Abfall, sondern bringt sie zur Sondermüll-Entsorgung!

Das Wichtigste aber:

Gebt niemals Javel-Wasser mit Säuren (z.B. Essig oder Zitronensäure) oder anderen Oxidationsmitteln (z.B. Wasserstoffperoxid) zusammen oder verwendet beide miteinander!

Dabei kann nämlich aus der enthaltenen hypchlorigen Säure giftiges Chlor-Gas (Cl2) entstehen, das lebensgefährliche Verätzungen nicht nur unserer Atemwege verursachen kann, sondern auch für praktisch alle anderen Lebewesen giftig ist.

Das Javel-Wasser aus dem Supermarkt enthält deshalb in der Regel einen Puffer, d.h. einen Stoff, der eine gewisse Menge Säure sofort unschädlich machen kann und die Lösung damit basisch hält. So müsst ihr nicht fürchten, dass euch eure Putzmittel eines verspritzten Tropfens wegen sofort vergiften. Da ihr aber nicht wissen könnt, wie viel Puffer in eurem Javel-Wasser vorhanden bzw. bereits verbraucht ist (der Puffer-Gehalt ist auf der Flasche nicht unbedingt angegeben!), verlasst euch nicht darauf!

 

Was nützt mehr? Javel-Wasser oder Essig?

Javel-Wasser ist eine oxidierende Base, Essig eine nicht-oxidierende Säure. Damit sind diese beiden eigentlich gar nicht miteinander zu vergleichen.

Ihr könnt Essig zum Lösen von Kalk verwenden, der mit der Säure zu wasserlöslichen Ionen und gasförmigem Kohlenstoffdioxid (CO2) reagiert.

Javel-Wasser spaltet und oxidiert hingegen organischen Schmutz, während Kalk in basischer Umgebung fest bleibt. Es eignet sich ausserdem zur Behandlung von Schimmelflecken.

Verwendet trotz der sich ergänzenden Wirkungen aber niemals Essig und Javel-Wasser miteinander!

Persönlich habe ich grossen Respekt vor der oft gefährlichen Chlor-Chemie und habe kein Javel-Wasser im Putzschrank stehen. Wenn es um Fett und anderen organischen Schmutz geht, ziehe ich Seife und Wasser als Reinigungsmittel vor. Wie die Seife zu ihrer Super-Waschkraft ganz ohne oxidierende Wirkung kommt, könnt ihr übrigens hier genauer nachlesen.