Der (oder das, beides ist richtig) neue Corona-Virus aus China alias COVID-19 bzw. SARS-CoV-2 ist in aller Munde – und Desinfektionsmittel erfreuen sich gerade grösster Beliebtheit. Selbst in unserem Dorfsupermarkt sind sie praktisch ausverkauft. Einige Medien veröffentlichen sogar Anleitungen für DIY-Hände-Desinfektionsmittel. „Das wäre doch ein Thema für Keinsteins Kiste“, meint mein Partner, als er ein solches Rezept liest.
Normalerweise bin ich ja für Alltags-Chemie zum Selbermachen sofort zu haben. Aber macht die Verwendung von Desinfektionsmitteln im Alltag überhaupt Sinn? Können wir uns damit vor Infektionen schützen? Oder hebeln die Nebenwirkungen solcher Mittel den Nutzen vollkommen aus?
Gleich vorweg: Die Antwort auf die letzte Frage lautet in der Regel „ja“. Deshalb bringe ich das erwähnte Rezept auch nicht als Experiment. Denn das Hamstern von Desinfektionsmitteln oder deren Bestandteilen ist für die meisten von uns nicht sinnvoll, sondern bereitet nur jenen, die wirklich darauf angewiesen sind, Schwierigkeiten bei der Beschaffung.
Stattdessen zeige ich euch, wie Desinfektionsmittel funktionieren und warum sie im Alltag meist mehr Probleme als Nutzen bringen. Und für Interessierte bzw. darauf Angewiesene verlinke ich im Verlauf das Original der verbreiteten Rezeptur.
Wie funktionieren Desinfektionsmittel?
Unsere Haut und unsere Umgebung sind von Myriaden Kleinstlebewesen besiedelt. Durch Berührung können sie von einer (Haut-)Oberfläche zur nächsten übertragen werden. Und einige dieser Mikroben können uns krank machen – besonders dann, wenn sie einen Weg durch offene Wunden finden oder/und unser Immunsystem nicht so funktioniert wie es soll.
Beides – Wunden und schlecht funktionierende Immunsysteme – findet man in Krankenhäusern, Arztpraxen und anderen Pflegeeinrichtungen besonders häufig. Deshalb gehört es zum Arbeitsalltag von Ärzten und Pflegern, sich immer wieder die Hände mit einem Desinfektionsmittel einzureiben. So wird die Gefahr minimiert, dass sie womöglich gefährliche Erreger von einem Patienten zum nächsten tragen.
Was ein Desinfektionsmittel können muss
Um das zu leisten muss ein Desinfektionsmittel verschiedene Gruppen von Erregern an den Händen (und medizinischen Geräten etc.) innerhalb kürzester Zeit unschädlich machen:
- Bakterien
- Pilze
- Sporen der ersten beiden
- Viren
Mit anderen Worten: Ein Desinfektionsmittel muss diese Mikroorganismen effektiv vergiften können. So kommen naturgemäss nur giftige Stoffe als Desinfektionsmittel in Frage.
Zum Glück haben wir Menschen diesen Mikroben einiges voraus:
- Wir sind Vielzeller (ein Mensch besteht aus rund Zellen), während Bakterien und Pilze wie jene der Gattung „Candida“ Einzeller sind. Wenn uns ein paar Hautzellen verloren gehen, schadet uns das nicht sofort. Schliesslich hat unser Vielzeller-Körper Mittel, um solche Zellen zu ersetzen. Eine Bakterien- oder Einzeller-Pilzzelle, die tödlich beschädigt wird, bedeutet dagegen sofort ein totes Lebewesen.
- Unsere Zellen haben einen Zellkern, in dem unsere DNA weitgehend sicher verwahrt ist. Bakterienzellen haben dagegen keinen Zellkern. Das bedeutet auch, sie funktionieren anders als unsere Zellen. Sie sind somit gegenüber anderen (bzw. mehr) Dingen empfindlich als unsere Zellen (und die der Pilze!) mit Kern.
So ist es nicht schwer, Stoffe zu finden, die Einzellern den Garaus machen, für unsere eigenen Zellen aber nicht all zu schädlich sind.
Besonders kniffelig: Die „Keinzeller“ unter den Erregern
Viren sind hingegen gar keine Zellen, sondern winzige Erbgut-Pakete, die Zellen „kapern“ (indem sie sich von den Zellen aufnehmen lassen) und für ihre Vermehrung zweckentfremden können. Die Pakethülle von Viren besteht aus Membranlipiden und Proteinen, was sie lebenden Zellen chemisch ähnlich macht. Vergiften bzw. töten kann man sie dennoch nicht, da sie streng genommen gar nicht leben. „Zerstören“ träfe es da wohl besser. Mit etwas Glück kann ein Stoff, der für Bakterien giftig ist, auch einen Virus zerstören.
Besonders kniffelig ist die Beseitigung von Sporen. Das sind stark gepanzerte Ableger von Bakterien oder Pilzen, aus denen sich neue Zellen entwickeln können. Ein Stoff, der Sporen ausschalten soll, muss durch deren Panzerung dringen (wofür er meist etwas mehr Zeit braucht) und so viel Schaden anrichten, dass eine Spore sich nicht mehr zur neuen Zelle entwickeln kann.
Welche Stoffe können das?
Oxidationsmittel
Die Allrounder unter den keimtötenden (d.h. bioziden) Stoffen sind Oxidationsmittel, insbesondere solche, die einzelne Sauerstoffatome freisetzen können. Solche Oxidationsmittel nehmen nämlich all zu gern anderen Molekülen Elektronen weg (die Moleküle werden damit oxidiert), wodurch sie verschiedenste Reaktionen in Gang setzen. Und diese Reaktionen beschädigen oder zerstören nicht zuletzt die Bestandteile von Lebewesen und ihnen ähnlichen Gebilden: Bakterien, Pilze, Viren und sogar Sporen.
Leider sind Oxidationsmittel nicht wählerisch, wenn es um ihre Reaktionspartner geht. So können sie unsere Körpergewebe ebenso schädigen wie die Mikroorganismen. Deshalb sind besonders starke Oxidationsmittel sowie höhere Konzentrationen für die Anwendung an Haut und Schleimhäuten nicht geeignet. In geringer Konzentration kommen am Körper zum Einsatz:
- Wasserstoffperoxid (H2O2)
- Natriumhypochlorit (NaOCl, wie H2O2 im medizinischen Bereich, z.B. beim Zahnarzt)
- Chloramin T (eine organische Verbindung, die in Wasser Hypochlorit freisetzt)
- Elementares Iod (in Präparaten zur Wunddesinfektion –> z.B. „Betaisodona“)
- Benzalkoniumchlorid (
Andere Oxidationsmittel wie Chlordioxid („MMS“!), elementares Chlor, Ozon oder Peressigsäure sind hingegen nur für die Desinfektion von Gegenständen oder Wasser geeignet. In letzterem (z.B. im Schwimmbad) kommen Chlor oder Ozon in kleinsten Mengen mit uns in Kontakt, was wir an brennenden Augen und wunden Stellen leicht bemerken. Die haben es also wirklich in sich!
Aldehyde
Aldehyde oder chemisch korrekt „Alkanale“ sind hochwirksam gegen alle möglichen Bakterien (einschliesslich des besonders widerspenstigen Tuberkulose-Erregers), Pilze, Viren und Sporen. Aber leider auch gegen unsere eigenen Körper: Viele desinfizierende Aldehyde sind sehr giftig, weshalb sie nur zur Desinfektion von Oberflächen, Geräten und Räumen zum Einsatz kommen.
Alkohole
Der „Trinkalkohol“ Ethanol und verschiedene Varianten des Propanols sind bekannte Beispiele für desinfizierende Alkohole. Werden sie mit Wasser gemischt, können sie in (Bakterien)zellen eindringen und dafür sorgen, dass die Proteine darin ihre Form und damit ihre Funktion verlieren. Ein reiner Alkohol würde stattdessen schon die Proteine auf der Zelloberfläche zerstören und dann keinen Weg hinein mehr finden – sodass das Bakterium am Leben bliebe.
Auf der Haut angewendet sind sie für uns ungiftig (eingenommen dafür um so mehr – das weiss jeder, der schonmal einen Kater hatte), töten bzw. zerstören aber Bakterien (einschliesslich der Tuberkulose-Erreger), Pilze und Viren mit Hülle (es gibt auch Viren ohne Hülle, jedoch ist die Hülle ein wichtiges Werkzeug für das Kapern von Zellen, weshalb viele der uns krankmachenden Viren – z.B. Corona- und Influenza-Viren – eine Hülle haben). Den Sporen können Alkohole hingegen nichts anhaben.
Quartäre („Quaternäre“) Ammoniumverbindungen
Zum Beispiel Benzalkoniumchlorid. Diese organischen Moleküle enthalten (wie das Ammoniumion) ein positiv geladenes Stickstoffatom, an welches vier organische (kohlenstoff- und wasserstoffhaltige) Atomgruppen gebunden sind.
Diese Moleküle sind Tenside, können also gleichsam mit wasserliebenden und fettliebenden Oberflächen wechselwirken (was Tenside genau sind und was sie können erfahrt ihr hier). Wenn eine der Kohlenwasserstoff-Gruppen 8 bis 18 Kohlenstoffatome enthält, können die betreffenden Moleküle derart mit Zell-Aussenhüllen wechselwirken, dass diese beschädigt werden und die Zellen daran eingehen.
Das gilt leider ebenso für Bakterien wie für unsere eigenen Zellen. Deshalb ist Benzalkoniumchlorid als Konservierungsmittel für Medikamente (insbesondere Augentropfen) wegen seiner Nebenwirkungen umstritten.
Metallisches Silber oder Kupfer
Die Oberflächen dieser Metalle wirken schädlich – um nicht zu sagen tödlich – auf Bakterien, jedoch nicht auf die anderen Erreger-Kandidaten (Pilze, Viren, Sporen). So sind Silberfäden als Mittel gegen Käsesocken und Kupfertürklinken als Beitrag zur Verminderung der Keim-Verbreitung in Krankenhäusern gefragt, aber längst kein Rundumschutz.
Eine ausführliche Liste mit weiteren desinfizierenden Verbindungsklassen, auch für die Haut-Desinfektion, findet ihr hier im Wikipedia-Artikel zur Desinfektion.
Und was taugt das DIY-Desinfektionsmittel aus den Medien?
Das Rezept, welches die Schweizer Gratis-Zeitung „20 Minuten“ vom österreichischen Portal „heute.at“ übernommen hat, stammt ursprünglich von der WHO. Gedacht ist es allerdings als Empfehlung für Apotheker und medizinsches Personal rund um den Globus, die auch unter einfachen Bedingungen Patienten versorgen müssen. Also ebenso für ein Ebola-Gebiet im Kongo wie für das Behelfsspital in Wuhan – aber auch für die Schweizer Apotheke um die Ecke.
Die Desinfektionslösung gemäss der WHO-Rezeptur besteht aus rund 83% Ethanol („Alkohol“) in destilliertem Wasser, mit einer kleineren Menge Glyzerin und ein wenig Wasserstoffperoxid dabei.
Das eigentliche Desinfektionsmittel darin ist der Alkohol. Wasserstoffperoxid in der geringen Menge dient dagegen mehr als eine Art Konservierungsmittel. Und das Glyzerin – ein verbreiteter Bestandteil von Kosmetikprodukten – soll der Haut die Feuchtigkeit erhalten.
Alle vier Stoffe sind in den allermeisten Ländern recht einfach und preisgünstig zu bekommen. Und sie funktionieren. So soll medizinisches Personal auf der ganzen Welt Zugang zu einfacher aber wirksamer Desinfektionslösung bekommen.
Doch was wirksam ist, hat naturgemäss auch unerwünschte (Aus-)Wirkungen:
Desinfektionsmittel bringen auch Schwierigkeiten durch…
Resistenzen
Insbesondere Bakterien können resistent gegenüber Desinfektionsmitteln werden (ähnlich wie gegenüber Antibiotika), wodurch die Desinfektionsmittel gegen solche Stämme unwirksam werden.
Schädigung der Haut
Ich habe während der Anfertigung meiner Diplomarbeit im Zellkulturlabor ein knappes Jahr lang regelmässig Hände und Arbeitsumgebung desinfizieren müssen (Bakterien und Pilze waren unser bzw. der Zellkulturen grösster Feind). Für die Hände hatten wir ein Desinfektionsmittel aus dem medizinischen Bereich (das blaue „Sterillium“), für die Arbeitsumgebung 70% Ethanol in destilliertem Wasser (das ist billiger als das Sterillium).
Ich habe schnell gelernt, ausserhalb der Arbeitszeit eine Handcreme zu verwenden, weil das ständige Desinfizieren zu trockener, gereizter Haut führte. Und was für mich nach einigen Monaten wieder vorbei war, taten unsere MTAs („Labortechniker“) ein (Arbeits-)Leben lang. Die Folge: Trotz Handcreme hatten sie rissige, dauergereizte Hände, um die ich meine Kolleginnen absolut nicht beneidet habe.
Wie kommt es dazu?
Die meisten Mikroorganismen auf unserer Haut machen nicht nur nicht krank, sondern schützen uns sogar vor schädlichen Keimen. Die finden bei intakter „Hautflora“ nämlich gar keinen Platz, um sich anzusiedeln. Desinfektionsmittel, die gegen Bakterien wirken, sind aber leider nicht wählerisch. Sie töten die erwünschten Hautbakterien ebenso wie die Krankmacher. Und ist die Hautflora einmal dezimiert, finden unerwünschte Gäste um so mehr Platz, um sich einzunisten.
Ausserdem entziehen die in Desinfektionslösungen enthaltenen Stoffe der Haut leicht Feuchtigkeit. Die Handcreme sollte den Folgen dessen entgegen wirken. Zudem enthält die „Sterillium“-Lösung Stoffe, die zur Erhaltung der Hautfeuchtigkeit beitragen sollen.
Gefahren für die Umwelt
Auch in Kläranlagen gibt es zahlreiche Bakterien, die dort wertvolle Reinigungsarbeit leisten, und zu einem „gesunden“ natürlichen Gewässer gehören Bakterien einfach dazu. Wenn nun Desinfektionsmittel – besonders in grösseren Mengen – nicht fachgerecht entsorgt werden (im Sonderabfall!), können sie das Ökosystem in Klärwerken oder natürlichen Gewässern empfindlich schädigen.
Daheim oder in der Medizin – Wo machen Desinfektionsmittel Sinn?
Im medizinschen Bereich
Wo kranke Menschen gepflegt, offene Wunden versorgt und schwache Immunsysteme häufig sind, trägt die Händedesinfektion Grosses zur Verminderung der Übertragung von Keimen bei. Medizinisches Personal reibt sich dazu mindestens vor und nach jedem Patientenkontakt die Hände mit einer alkoholhaltigen Desinfektionslösung für den medizinischen Bereich (z.B. das erwähnte „Sterillium“) ein. Dadurch wird der grösste Teil der Mikroorganismen auf der Haut – einschliesslich der nützlichen Hautflora – ausgeschaltet.
In den Tiefen unserer Haarwurzeln, gut geschützt unter einer Schicht Talg, überleben jedoch einige der wichtigen Hautbewohner (ohne einem Patienten direkt schaden zu können). Die können sich nach dem Verschwinden des Desinfektionsmittels ungehindert teilen und die Hautoberfläche neu besiedeln. Dank dessen und dank feuchtigkeitserhaltender Zusatzstoffe sollte sich der Schaden an den Händen des medizinschen Personals in Grenzen halten.
Und daheim?
Warum sollten wir diesen schützenden Effekt nicht auch in unserem Zuhause haben? Das zumindest denken sich Anbieter für desinfizierende Reiniger und Hand-Desinfektionsmitteln für die Alltagsgebrauch. Eine Stichprobe bei einem bekannten Anbieter (auf dessen Website, denn die Originale sind ja ausverkauft…) zeigt: Diese Alltags-Desinfektionsmittel sind anders zusammengesetzt als jene für den medizinischen Bereich, enthalten mitunter nur Alkohole und Wasser.
Und damit sind wir wieder bei den MTAs im Zellkulturlabor: Die hatten nämlich nicht nur die medizinische Desinfektionslösung, sondern, beim Auswischen der sterilen Werkbänke und Desinfektion von Instrumenten, auch das simple Gemisch von Ethanol und Wasser ständig an den Händen. Und das enthielt eben – wie so manches Alltags-Desinfektionsmittel – keine hautschützenden Zusätze. Dieser Umstand hat gewiss nicht zur Hautgesundheit – insbesondere bei langfristiger Anwendung – beigetragen.
Also nutzen wir doch lieber die Desinfektionslösungen für den medizinischen Bereich?
Die sollen ja – in Kombination mit einer guten Handcreme – für unsere Haut auch bei regelmässigem Gebrauch erträglich sein. Aber brauchen wir so viel Desinfektion überhaupt?
Warum wir Desinfektionsmittel im Alltag nicht brauchen (und wann doch)
Ein intaktes menschliches Immunsystem ist von Natur aus darauf angelegt, mit der Vielfalt der Mikroben in unserem alltäglichen Umfeld zurechtzukommen. Nicht zuletzt deshalb, weil viele davon uns als äusserst nützliche Mitbewohner begleiten.
Im Normalfall ist es daher im Alltag gar nicht nötig, regelmässig Desinfektionsmittel zu verwenden. Ausgenommen sind die Fälle, die eben nicht „normal“ sind:
- Jemand im Haushalt ist krank und muss gepflegt werden (im Fall von akuten Infektionen ist dieser Umstand allerdings von vorübergehender Natur).
- Jemand im Haushalt hat kein intaktes Immunsystem (beispielsweise durch eine Chemotherapie).
Für Menschen in diesen Situationen kann es wirklich schwierig werden, wenn Desinfektionsmittel nur noch schwer oder gar nicht erhältlich sind!
Das könnt ihr wirklich tun, um euch zu schützen
Ist hingegen „nur“ Erkältungssaison und es „geht etwas um“ (auch wenn das „Etwas“ COVID-19 heisst), sind einfache Hygienemassnahmen wesentlich wirksamer, da schonender für die Verteidigungslinien auf unserer Haut:
- Hustet oder niest stets in die Armbeuge anstatt einfach in die Gegend.
- Haltet von hustenden oder niesenden Personen mindestens einen Meter Abstand.
- Fasst euch mit ungewaschenen Händen möglichst nicht in das eigene Gesicht (und schon gar nicht in das von Anderen, beispielsweise das eurer Kinder).
- Insbesondere gegen „Mitbringsel“ von draussen: Wascht euch, wenn ihr heimkommt (aber auch unterwegs), die Hände mit gewöhnlicher Seife, nachdem ihr in der Öffentlichkeit viel berührte Dinge (z.B. Türklinken, öffentliche Verkehrsmittel!) angefasst habt und bevor ihr zu Hause irgendetwas anderes berührt.
- Wenn ihr bereits (infektions-)krank seid: Bleibt zu Hause. Geht nicht arbeiten und schickt kranke Kinder nicht in die Schule/den Kindergarten/die KiTa! Bei Fieber, Husten und Atembeschwerden ruft euren Arzt an (bevor ihr hingeht!) und befolgt dessen Anweisungen.
Was ihr niemals tun solltet
Desinfektionsmittel mit Seife kombinieren
Doppelt hält besser? Leider nein. In Verbindung mit Seife (also Tensiden), bergen Desinfektionsmittel im Alltag noch ein weiteres Problem:
Wenn ihr eure Hände mit Seife wascht, vergrault das eure nützlichen Mitbewohner nämlich nicht, entfernt aber den schützenden Talg, unter dem sich deren letzte Reserven verstecken, von den Haarwurzeln. Wenn ihr dann während oder nach dem Händewaschen zu einem Desinfektionsmittel greift, rottet das die letzten Reserven ebenso aus wie die Hautflora auf der Hautoberfläche. Und dann bleibt nichts mehr, was sich weiter vermehren und auf eurer Haut, dem Eingang zu eurem Körper, Wache schieben könnte.
Desinfektionsmittelhaltige Seife oder Desinfektionsmittel nach dem Seifeneinsatz sind in Hinsicht auf die Übertragung von Erregern an den Händen eher schädlich als dass sie nutzen!
Desinfektionsmittelreste in den Ausguss oder gar in die freie Natur entsorgen
Wie bereits erwähnt gibt es in Klärwerken wie auch in der Natur zahlreiche Bakterien, die für eine funktionierende Anlage bzw. ein gesundes Ökosystem notwendig sind. Und die nehmen an Desinfektionsmitteln genauso Schaden wie unliebsame Erreger.
Sämtliche Abflüsse in unserem Zellkulturlabor münden – wie vermutlich auch jene in Krankenhäusern – in spezielle Abwasser-Anlagen, die darauf ausgerichtet sind, Chemikalien im Abwasser zu beseitigen, bevor es in die eigentliche Kanalisation gelangt. So ist der Einsatz von Desinfektionsmitteln im Labor – und wahrscheinlich auch im medizinischen Bereich – eine deutlich geringere Gefahr für die Umwelt als ihr Einsatz im Alltag.
Desinfektionsmittel hamstern, wenn „etwas umgeht“
Es sei denn, ihr gehört zu jenen, die aufgrund von Krankheit oder/und unzureichendem Immunsystem wirklich auf die Nutzung von Desinfektionsmitteln im Alltag angewiesen sind. Genau diese Menschen werden euch – ebenso wie die Menschen mit Medizinberufen – sehr dankbar dafür sein, wenn sie die dringend benötigten Mittel auch während eines Ausbruchs wie dem von COVID-19 problemlos bekommen.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Gesichtsmasken. Die nützen dem Chirurgen oder Zahnarzt sehr, um seine eigenen Bakterien vom Patienten fernzuhalten. Vor einer Tröpfchen- oder Schmierinfektion mit einem Atemwegs-Virus schützen sie aber praktisch nicht.
Zusammenfassung
Desinfektionsmittel sind Stoffe, die Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, deren Sporen, aber auch Viren abtöten oder zumindest am Wachstum hindern können. Solche Stoffe sind naturgemäss giftig – aber für Mikroben oft mehr als für uns – und umweltschädlich.
In der Krankenpflege sind Desinfektionsmittel ein wertvolles Mittel, um die Gefahr der Übertragung von Keimen zwischen Patienten und Pflegern gering zu halten. Wie alle wirksamen Mittel haben jedoch auch Desinfektionsmittel Nebenwirkungen und bergen wie alle (umwelt-)giftigen Stoffe Gefahren.
Im Alltag überwiegen diese Schwierigkeiten den Nutzen von Hände-Desinfektionsmitteln, zumal es einfachere und nebenwirkungsärmere Mittel und Wege gibt, die Übertragung von Keimen zu vermeiden:
- In die Armbeuge husten oder niesen
- zu erkälteten Personen Abstand halten
- Nicht ins Gesicht fassen
- Hände waschen (aber nicht mit Desinfektionsmittel kombinieren!)
- mit Infektionskrankheiten zu Hause bleiben
Wenn ihr selbst einen Pflegeberuf ausübt oder im Alltag mit kranken oder/und immunschwachen Personen lebt oder eine solche seid, kann – so meine eigene Erfahrung im Labor – eine Handcreme dabei helfen, die Hautschäden durch regelmässigen Einsatz von Desinfektionsmitteln gering zu halten.
Und wie geht ihr angesichts von COVID-19 oder anderen Erregern mit Desinfektionsmitteln um? Habt ihr vielleicht im Beruf regelmässig damit zu tun und weitere (bessere?) Tipps zur Hautpflege?